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Lindenberg! Mach dein Ding

BRD 2019 Regie: Hermine Huntgeburth, mit Jan Bülow, Max von der Groeben, Charly Hübner, Julia Jentsch, Detlev Buck 135 Min. FSK ab 12

Erstaunlich gut imitiert Jan Bülow den jungen Lindenberg mit kleinem Schmollmund und linkischen Bewegungen. Muss er auch, denn „Lindenberg! Mach dein Ding“ ist nicht die übliche Erfolgs-Biografie zum Mitschunkeln der Hits – der Film hört mit dem ersten Erfolg auf. Und beginnt in den Fünfzigern in Gronau mit einem ganz kleinen Udo, der seinen besoffenen Vater (großartig tragisch: Charly Hübner) trommelnd auf dem Metalleimer begleitet. Trotz Familientradition wird aus diesem Lindenberg kein Klempner, sondern Schlagzeuger mit Engagement in einem Hamburger Sex Club. Der Film wird immer wieder in herrliches Reeperbahn-Retro rum um die heute legendäre „Onkel Pö’s Carnegie Hall“ eintauchen.

Auf der Reeperbahn verliebt sich Udo in eine Prostituierte und macht ungelenk auf Zuhälter. Beim LSD-Trip lässt ihn die Animation Sternchen und Bötchen sehen. Die Kellner-Lehre 1963 in Düsseldorf wird für das Nacht- und Musikerleben schnell geschmissen. Raffiniert trinkt Udo einen Jazz-Trommler unterm Tisch und übernimmt seinen Posten. Doch statt Jazz gibt es dann Rock für US-Soldaten in Libyen. Bis er mit „Funny Valentine“ ganz ins Rampenlicht tritt und eine Auffrischung des Kindheitstrauma erlebt. Denn bei viel Spaß und Anekdötchen kommt die Karriere nur langsam in die Gänge. Auch weil der saufende Vater einst meinte, „Lindenbergs werden Klempner und sonst nix“. (Dass Lindenberg auf der von Klaus Doldinger komponierten Titelmusik zum „Tatort“ Schlagzeug spielte, wird nicht erwähnt.)

Nein, diese Filmbiografie über die Jugend und ersten Jahre des 1946 geborenen Musikers Udo Lindenberg liefert kein „Greatest Hits“. Glen Millers „Chattanooga Choo Choo” deutet mal den späteren „Sonderzug nach Pankow“ an, aber erst einmal war in Deutschland nur Platz für englischen Rock oder Schlager. In den dauernden witzigen Treffen mit dem Musik-Produzenten Mattheisen, sagenhaft gut von Detlev Buck gespielt, entwickelt sich die Idee, mal was anderes zu machen, eher komisch und beiläufig. Vor allem lebt der schüchtern wirkende Udo seine Verrücktheiten aus. Und ein paar Liebesgeschichten, die später als „Cello“ und „Mädchen aus Ost-Berlin“ zu Hits wurden, sind auch noch zu erzählen.

„Lindenberg“ erzählt nur exakt bis zum ersten großen Konzert anlässlich der Veröffentlichung der ersten LP Andrea Doria. Udo kämpft immer noch mit Lampenfieber und mangelndem Selbstbewusstsein. Die im ganzen Film mitlaufende Sauferei macht den Auftritt auch nicht leichter. Mit diesem Höhepunkt sorgt die exzellente Regisseurin Hermine Huntgeburth („Tom Sawyer“ 2011, „Die weiße Massai“ 2005) für etwas Spannung. Spoiler: Udo wird es schaffen! Ansonsten ist Udo Lindenberg kein Freddy Mercury – bei allen deutlich sichtbaren Qualitäten, den klasse Darstellern, den tollen Kulissen und den Fabulier-Fähigkeiten der Biografen geriet das lange, überraschend aufregende Leben von Udo Lindenberg in diesem Film dann doch zu lang.


Ein FILMtabs.de Artikel