William Shakespeares Romeo & Julia

USA 1996 (William Shakespeare's Romeo & Juliet) Regie BazLuhrmann, mit Leonard DiCaprio, Claire Danes, Brian Dennehy, JohnLeguizamo, Pete

Was "Richard III" vor einemJahr versuchte, in "William Shakespeares Romeo & Julia" gelanges. Shakespeare, in seinen Stücken selbst kein Kind vonTraurigkeit, fand mit Baz Luhrmann einen kongenialen Verfilmer vollerLust und Leben. Das kräftige Stück warf der Australier ineine gegenwärtige Szenerie. Verona Beach (!) mit seinemLatino-Setting nimmt die Geschichte auf, als sei sie nie andersgedacht gewesen.

Die Geschichte einer tragischen Liebe im Streit der mächtigenFamilien Capulet und Montague startet furios und wild mit Meldungender Abendnachrichten. Auch fürderhin bricht sich derOriginaltext Shakespeares in glänzenden Colts, ausladendenLimousinen und bunten Fun-Autos. Bis zum Ende treibt Baz Luhrmann,die australische Wi(e)dergeburt des William Shakespeare, dentragischsten Moment von Romeo und Julia nach 400 Jahren auf niegesehene Gipfel der schmerzensreichen Romantik.

Schon mit seinem Regiedebüt"Strictly Ballroom - Diegegen alle Regeln tanzen" riß Baz Luhrmann das Publikum vonden Sitzen. Die großen Studios überhäuften ihn mitAngeboten, und Luhrmann entschied sich für die bekannteste allerLiebesgeschichten. Er brachte Begeisterung sowie reichlich Theater-und Opernerfahrung mit.

Die erste halbe Stunde ist rasende Filmlust voller wilder undgenialer Ideen. Das klassische Rollenblatt aus den Textheftenübernehmen die Einblendungen des Serienabspanns. Von derPlakatwand, der Bar "Globe" bis zur Gravur auf den Pistolenreflektieren unzählige Details den mörderischen Streit derStraßengangs. Wenn Shakespeare die Schwerter ziehenläßt, kommen bei Luhrmann die Waffen mit dem Schriftzug"Sword 45mm" (englisch für Schwert) aus den Halftern.Zwischendurch umfliegen Polizei- und TV-Hubschrauber die Szeneriendes Straßenkampfes. Newsflashs und mitreißendeKamerabewegungen geben der Story Leben und Aktualität. Das Festder Capulets wird zur Bilderorgie mit Travestieeinlage und vielenschrillen Figuren. Die andauernde Hektik von Julias Mutter konntenicht anders als mit Zeitraffer kommentiert werden.

Dann kommen die Liebenden ins Zentrum und schon die erste Szenegebiert wunderbare Bildpoesie. Ihre Gefühle sind rein wie dasWasser, in denen ihre schönsten Begegnungen versinken. Julia(Claire Danes) ist ein zarter Engel mit süßen kleinenFlügeln, Romeo (Leonardo DiCaprio) ein fast noch pubertierenderKnabe. Doch schnell geht es bei ihnen zur Sache, ganz wie esShakespeares Text nahelegt. (Auffällig ist hier, wie verhaltenLuhrmann Körper und Gewalt zeigt. Nicht mal der Ansatz einerweiblichen Brust ist zu sehen. Schläge treffen nie im Bild,Wunden trauen sich ebenso kaum heraus wie Blut. Sollten hier dieEnglischklassen mit einbezogen werden?) Die beiden jungenSchauspielerInnen ergeben eine Traumbesetzung. Alle anderen Rollenkönnten nicht treffender verkörpert sein, die richtigenGesichter funktionieren hier besser als die ganz großen Namen.

Die Sorgfalt und der Reichtum im Detail machen den Filmgenußzur Lust. So läßt sich jedes einzelne Bild selbst als Fotonoch genießen. Dazu kommen die perfekt passenden Songs - zumBeispiel ein lieblicher Knabenchor, der in Kirchengewändern"When doves cry" von Prince anstimmt - und eine sehr schöneFilmmusik. Die Designer gestalteten extrem ausgefallene Waffen undmetallgewordene Jungenträume von bunten Plastikautos fürdie Streetboys. Der Priester trägt ein Hawaiihemd unter demTalar und auf dem Rücken das Taatoo eines Kreuzes.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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