Die unbarmherzigen Schwestern

GB 2002 (The Magdalene Sisters) Regie: Peter Mullan Mit: Geraldine McEwan, Anne-Marie Duff, Nora-Jane Noone 119 Min. FSK ab 12

Als "Die unbarmherzigen Schwestern" mit ihrer Anklage einer brutalen Umerziehung in kirchlichen Institutionen Irlands ausgerechnet in Venedig 2002 den Hauptpreis gewann, protestierten Kirchenvertreter aufgeregt. Aber die zweite Regiearbeit des Schauspielers Peter Mullan ("My Name is Joe") wird jeden aufwühlen - so oder so. Dazu sind die erschütternden Schicksale zu eindringlich inszeniert.

Im Irland der Sechziger Jahre kümmern sich katholische Magdalenen-Stifte um bedürftige Mädchen - scheinheilig und nur scheinbar. Schon die Gründe, weshalb die jungen Frauen in diesem brutalen Umerziehungslager landen, schmerzen mit schreienden Unrecht. Magaret wurde vom Sohn des Priesters vergewaltigt, das ganze Dorf weiß es, also muss das Mädchen weg! Rose hat ein uneheliches Kind zur Welt gebracht, das ihr sofort entrissen wird. Sie als personifizierte Schande wird von den Eltern zu gütig tuenden Nonnen geschickt. Die Waise Bernadette sieht einfach zu gut aus - Abtransport.
Was folgt, erinnert an Gefangenen- und Konzentrationslager: Sadistische Aufseherin im Ordenskleid kommandieren im Kasernenton. Nicht nur jedes Vergnügen, auch Essen und Schlafen wird den Mädchen versagt. Trotzdem müssen sie in einer Wäscherei schuften, um den Reichtum der Nonnen zu mehren. Mit kurz geschorenen Haare werden die Insassen behandelt wie Kriminelle, arbeiten als Sklaven ohne Entlohnung. Was beginnt wie ein schreckliches Leidenstück wird immer härter, bis die Erniedrigungen schließlich nur noch die Flucht in den Tod lassen - wenn da nicht der Glauben im Weg stände ...

Unerträgliche vier Jahre dauert es, bis Margaret aus dieser Hölle befreit wird. "Die unbarmherzigen Schwestern" sind kein filmisches Meisterwerk, aber als erschütternde Anklage stark und wichtig genug. Diesen Wahnsinn, der im Namen irgendwelcher Religion nebenan in Europa passiert, erlitten 30.000 Frauen.

Wohlgemerkt sind dies reale Geschichten, nicht aus dem vorletzten Jahrhundert, es geschah 1964. Und erst 1996 wurden die letzten dieser Stifte geschlossen. Der Schotte Peter Mullan nahm sich dieses lange verschwiegenden irischen Themas an, nachdem er 1996 die bewegende Channel 4-Dokumentation "Sex in the Cold Climate" gesehen hat. Die Dreharbeiten zu den "Schwestern" waren ebenfalls schottisch - in der Filmbranche wirken immer noch die Schwierigkeiten nach, mit denen "Die Asche meiner Mutter" wegen "negativer Darstellung Irlands" zu kämpfen hatte.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik