Swing

Fr 2001 (Swing) Regie Tony Gatlif 90 Min.

Der französische Junge Max kommt über den Fluss zu einer Zigeuner-Ansiedlung, zu den Manouche von Straßburg, um beim "Gitane" Miraldo Reinhardt Gitarre zu lernen. Miraldo heißt nicht nur wie die Legende Django Reinhardt, er spielt auch ebenso furios. Im Gegenzug übersetzt Max das schwer verständliche Behörden-Französisch und schreibt amtliche Briefe. Noch neugieriger als auf die Zigeuner-Geschichten von Miraldo ist Max allerdings auf dessen Enkelin - ein Mädel, so keck, frisch und lebendig, dass sie wie der Jazz-Stil Swing genannt wird.

Neben den herzerfrischenden Sommererlebnissen der beiden Kinder deuten viele Episoden zwischen Musizieren und Feiern andere Geschichten an. Vom jüdischen Doktor Liebermann, der auf Stacheldraht eine schmerzliche Melodie zupft. Die alte Frau mit ihrer Erinnerung an Verfolgung und Vertreibung. Ein Abschied, beim dem der Tod ein Lachen, ein Feuer und ein Lied ist.

Immer wieder löst sich der Film von Tony Gatlif ("Gadjo Dilo", "Vengo") in Musik auf, feiert das Feiern und das Leben. So wie bei ihm und mit Miraldo Reinhardt (begleitet von Tchavalo Schmitt) hat man "Occi ciorni" noch nie gehört. Der Höhepunkt ist eine Jam-Session mit Juden, Arabern, Roma und ihren eigenen Musikstilen. Das Liebeslied von einer Vereinigung ist im Gegensatz zu Lessing aufklärerischer Ringparabel erlebte Verständigung in kunstvollster Weise. Mit solcher Musik, mit solchen Filmen ist Zusammenleben das reinste spielerische Vergnügen.

Seinen zwölften Film widmete Tony Gatlif ganz dem Gitaristen Miraldo Reinhardt, den er schon seit fünfzehn Jahren kennt. Er ist einer der besten Gitaristen der Welt, lebt seit fünfzig Jahren in Straßburg und will nicht von dort weg, selbst nicht für die Dreharbeiten. So spielt "Swing" mal nicht in reizvollen südlichen Gefilden sondern zwischen verfallenen Sozialbauten im Elsass. Gatlif beschreibt Miraldo als extrem integer, "er spielt für eine Flasche Bier in der Bar", nimmt aber keine Platten auf. Es ist paradox solch eine Figur der Öffentlichkeit vorzustellen, aber vielleicht musste gerade deswegen sein.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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