Sade

Fr 2000 (Sade) Regie Benoît Jacquot, 95 Min.

Die Ideen, Lebens- und Liebesweisen des Marquis de Sade waren so freigeistig, dass sie nach 200 Jahren im Wort Sadismus zwar Gemeingut sind, aber auch immer noch als anrüchig gelten. Der sensible, eher stille Film vom Franzosen Benoît Jacquot platzt nicht mit Schockierendem ins Bild.

Sade (Daniel Auteuil) ist 1794 ein von Monarchie und dann von den Jakobinern verfolgter Fünfziger. Nach mehreren Jahren im elenden Kerkern erreicht er eine Verlegung in ein Luxusgefängnis für ehemalige Adelige. Auf einem Schloss erwarten sie ihre Todesurteile und versuchen, Haltung zu wahren. Der Terror der eskalierenden Revolution spiegelt sich in Gesichtern wieder, tritt aber auch ganz brutal auf. Ein Teil des Gartens wird für die Massengräber der Hinrichtungswelle abgesperrt. Sade beschreibt es als Fegefeuer: Sie sind nicht tot, aber auch nicht lebendig.

Die spitze Zunge des Dramatikers und Dichters Sade trifft auch hier die anderen Gäste. Nur wenig leiser vertritt er einen Atheismus, der Robbespierre provoziert, verspottet die "Rache der Schwachen an den Starken" genau wie die Dekadenz der Adeligen. Nur der selbstlose Einsatz seiner langjährigen Geliebten Marie-Constance (Marianne Denicourt) rettet ihn immer wieder vor der Guillotine.

Doch zwischen diesen Zeitenstürmen ist Sade fasziniert von der jungen Mitbewohnerin Emilie (Idild Le Besco), beantwortet gerne deren Interesse am verruchten Außenseiter. Sade und Emilie tauschen erst Blicke, dann Gedanken aus, mal sanft mal brüskierend beantwortet der reife Lüstling die ungestellten Fragen des Mädchens. Letztendlich organisiert Sade nicht nur eine Aufführung der Mitbewohner, er inszeniert auch die erste sexuelle Erfahrung Emilies. Nach diesem Höhepunkt überrascht das Ende des Terrors, die Gemeinschaft zerstreut sich.

"Sade" zeigt einen interessanten, weil interessierten Mann, der keineswegs rücksichtslos, sondern sensibel mit Menschen umgeht. Abseits der Sade-Klischees und weitgehend ohne explizite Darstellungen nähert sich Regisseur über den immer faszinierenden Schauspieler Daniel Auteuil den Gedanken Sades an.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

realisiert durch
Ein Service von
arena internet service
FILMtabs-Logo