Der Stellvertreter

Frankreich 2002 (Amen) Regie: Constantin Costa-Gavras Mit Ulrich Tukur, Mathieu Kassovitz, Ulrich Mühe, Michel Duchaussoy, Marcel Iures, Ion Caramitru, Hanns Zischler, Susanne Lothar. 130 Min.

Der Stoff ist 38 Jahre alt und sorgt noch immer für heftige Diskussionen: Der Grieche Costa-Gavras verfilmte mit "Amen" das Theaterstück "Der Stellvertreter" von Rolf Hochhuth.

Schon das Plakat zu "Amen" provozierte Anfang des Jahres während der Berlinale: Auf schwarzem Grund liegen blutrot ein Kreuz und ein Hakenkreuz übereinander. Aus einiger Entfernung springt das Hakenkreuz ins Gesicht. In den Ecken Fotos der Protagonisten, die während der Nazi-Diktatur am das Leben von Millionen Menschen kämpfen. Da ist der SS-Offizier Kurt Gerstein (Ulrich Tukur), der als Chemiker Konzentrationslager mit dem Todesgas Zyklon B versorgt. Aber er prangert gleichzeitig die Verbrechen in den KZ an, macht die Deutschen, die Alliierten und die Kirche auf das Ungeheuerliche aufmerksam. Der andere ist der junge Jesuit Ricardo (Mathieu Kassovitz), eine fiktive Figur, die für all die Kirchenleute steht, die gegen Nazi-Barbarei kämpfen wollten. Beide stoßen auf Widerstand ihrer Vorgesetzten, vor allem Ricardo erlebt eine Kurie, die wissentlich die Morde an den Juden ignoriert ...

Das Verhältnis von Papst Pius XII zu der Nazi-Regierung ist eines der dunklen Kapitel der Kirchengeschichte. Mit einem berüchtigten Konkordat sorgte der Vatikan früh für eine diplomatische Anerkennung des NS-Staates. Das Für und Wider ist seit Jahrzehnten umstritten und Costa-Gavras dramatisiert mit viel Kostüm und Kulisse über zwei Stunden lang die Positionen. Genauer gesagt, die Position Rolf Hochhuths, die Anklage gegen Pius XII, den "Stellvertreter" Gottes auf Erden. Der renommierte Regisseur Costa-Gavras ist ein Profi in Sachen Polit-Film: "Z", "Der unsichtbare Aufstand" oder "Music Box" gehören zu seinen vielen kämpferischen Werken. Hochhuth selbst nennt Costa-Gavras "seit Z den Meister des Politfilms" und mit dem Projekt "Amen" haben sich zwei Seelenverwandte gefunden. Denn auch Hochhuth kämpft immer noch. Er verteilt auf der Pressekonferenz dicke Bände mit Dokumenten zum "Stellvertreter". Er ist Costa-Gavras sichtlich dankbar, hält sich mit Kritik am Film zurück. "Der Film hat seine eigenen Mittel, etwa den starken Musikeinsatz. So etwas können wir auf dem Theater nicht machen." Doch die aktuelle Umsetzung verharrt in den alten Formen des Politfilms. Löblich und notwendig - aber kein bemerkenswertes filmisches Ereignis.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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