Private Parts

USA 1996 (Howard Stern Private Parts) Regie Betty Thomas

Als Kind durfte er schon mit seinem Vater zum Radio. Dann folgtenobszönes Marionettentheater, wildes College-Radio,zügellose Hochschulfilme. Zwischendurch Auftritte als "Fartman"(Furzmann). Und eine Menge Rauswürfe. Howard Sterns Karrierebegann als konstanter Reinfall und so schildert Stern auch mit demTonfall des Verlierers ein Leben auf Sendung. Mittlerweile ist derlanghaarige, groß gewachsene Mann mit der passenden Nase(irgendwie ein schräges Jeff Goldblum-Double) einer derbekanntesten und populärstenRadiosprecher der USA. Erschrieb seine Autobiographie, nach der jetzt dieser Film entstand.Die Hauptrolle spielt Howard Stern gleich selbst - er ist wohleinzigartig.

Ganz unten, bei irgendeinem miesen Provinzsender entstand seinneuer, aggressiver Stil: Sag' was immer du willst! Und ab dakrümmten sich die Radiowellen vor Entsetzen. Bis zumRadio-Orgasmus, der live über den Sender geht, zieht Stern seinProgramm durch. Mit einem sehr anhänglichen Partner für dieSoundeffekte und einer konspirativen Nachrichtensprecherinrevolutioniert er das Radiomachen. Seine großeZuhörerschaft setzt sich aus Fans und Feinden zusammen. Letzteresehen ihn auch schon mal als Antichrist.

Immer größere Sender kaufen sich die ErfolgsgarantieHoward Stern - und merken zu spät, was für einPulverfaß sie sich ins Haus holten. Die Grabenkämpfe miteinem kleinen Bürokraten, der für Ordnung sorgen soll,gehören zum kurzweiligsten Teil des Films. Da gibt es dieLive-Übertragung von Prügeleien auf der Chefetage, kleineRevolutionen und gewitzte Antworten auf die Schikanen.

Neben vielen spaßigen Radioshows erzählt Stern auchnoch von seinem Privatleben, der langjährigen Beziehung zuAlison (Mary McCormack) und betont dabei immer wieder seine braveTreue als Gegensatz zum Image des wilden Radiosprechers. Der ganzeprivate Teil von "Private Parts" ist reichlich uninteressant. Meistunbekleidete Laiendarsteller halten vor charakteristischenSchauplätzen Schrifttafeln in die Kamera. Das ist dann aber auchdas Einzige, womit der Film dem Charakter seines Themas entspricht.Reihenweise Songs mit reichlich Zeitcolorit werden vom Filmangespielt, der Soundtrack (WEA) müßte eine erleseneOldiesammlung bieten.

Im Gegensatz zum Hustler-Herausgeber Larry Flynt, der auchkürzlich mit Formans "LarryFlynt" zu Filmehren kam, hat Stern kein politisches oder sonstwiegeartetes Ziel. Seine Provokationen aus dem Lautsprecher sind auchnicht vergleichbar mit dem politisch relevanten und gefährlichen"Talkradio".

Howard Stern ist kein Tabubrecher, eher ein Clown (und in70er-Klamotten wirkt er auch reichlich clownhaft), einunreflektierter Trampel im langweilig aufgeräumtenPorzellanladen der US-Sender. Zu Genitalien, die in den USA oftverschämt mit "Private Parts" (Uups - da haben wir ja einendoppeldeutigen, anzüglichen Titel!) umschrieben werden, sagtStern Schwanz und Muschi - für die USA heute noch ein Schock!Dort liegt der Zwang, ja kein falsches Wort zu sagen, oder Blinde als"Visuell nicht voll leistungsfähig" zu bezeichnen, schwer aufder Gesellschaft. Da reicht schon ein befreiendes "Nicht-Wort", umdie Spannung im Lachen zu lösen. Die häufige Wiederholungdieses Effektes (von dem auch"Beavis andButt-Head" profitieren) wird allerdings nicht überall alsHumor geschätzt. Zudem ist die bundesrepublikanischeGesellschaft zumindest in ihrer Sprache etwas freier. Bei uns kannman noch "auf Toilette gehen", der Amerikaner darf sich dagegen nur"mal die Hände waschen".


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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