Larry Flynt - Die nackte Wahrheit

USA 1996 (The People vs. Larry Flynt) Regie Milos Forman, 130 Min.

Schon als Kind traf Larry den Geschmack der einfachen Leute, alser dreckig und zerlumpt selbstgebrannten Schnaps verkaufte. Er tratmit seinen cholerischen Wutausbrüchen allerdings auch Leuten aufdie Zehen, so seinem Vater, der ihm die ehrlichen Einnahmen wegsoff.

Mit dem Pornoblatt Hustler, das Larry Flynt (Woody Harrelson) mitseiner Erfahrung aus einem Striplokal zu enormen Auflagen brachte,war es ähnlich. Nur die Zehen gehörten diesmal sehreinflußreichen Männern. Da niemand erklären konnte,was die Texte im Playboy zu suchen hatten, bot der Hustler seinen"Lesern" nackte Tatsachen in härterer Form. Bald setzten falscheMoralisten die Justiz gegen das "Schundblatt" ein. Larry kommt in denKnast, findet aber im jungen Juristen Alan Issacmen (nach "Zwielicht"erneut exzellent: Edward Norton) den idealen Anwalt. Der junge Juristinteressiert sich zwar nicht für die Pornos, er kämpft aberenergisch und mit schlüssigen Argumenten für die freieMeinungsäußerung: "Wenn Ihnen das Heft nicht gefällt,dann kaufen Sie es doch nicht!"

Immer wieder provoziert Flynt in den kommenden Jahren die Justizund wird von Isaacman gerettet. Zwischendurch schockt Larry auchseine Freunde, als ihn die Bekanntschaft mit der Schwester vonPräsident Carter zu religiösem Erotikkitsch verführt.Doch der ausgeflippte Despot eines mittlerweile großenMedienkonzerns kriegt wieder die Kurve. Auch aus demgrößten Tief seines Lebens, der Lähmung nach einemAttentat rappelt er sich nach Jahren im Drogennebel wieder auf.

Der neue Film von Milos Forman dreht sich nicht nur um diefilmische Biographie einer real existierenden exzentrischen Figur.Nicht nur um den durch das Internet wieder aktuellen Kampf umPublikationsfreiheit. "Larry Flynt" ist ebensogut eine bewegendeLiebesgeschichte zweier liebestoller Wesen. In seinem Nachtclublernte Larry Althea kennen: Ebenso wild, ebenso aufgeschlossen aufsexuellem Gebiet. Selbst eine spätere Ehe kann die lebenslangeTreue in schwersten Zeiten nicht brechen. Daß Courtney Love dieAlthea spielt, sagt wohl am meisten über diese Rolle aus. DieFreundin des Hardrock-Musikers Kurt Cobain, der sich so legendäraus dem Leben schoß, macht in jungen Jahren mit Skandalen undDrogen selbst Madonna Konkurrenz. Mittlerweile ist sie ebensohäufig im Film wie mit ihrer Band zu sehen.

"Larry Flynt" ist im Gegensatz zu Formans früherenMeisterwerken "Einer flog über das Kuckucksnest", "Hair" oder"Amadeus" kein rundum gelungener Film aus einem Guß. Doch erenthält neben Provokation und Liebe ein paar sehr gute undwichtige Szenen: In einer selbstinszenierten Rede fragt Flynt,weshalb die Darstellung von Körpern und natürlichenVorgängen verrucht seien, während die Darstellung vonGewalt und Mord zum anerkannten journalistischen Alltag gehöre.Abgewandelt muß sich fast jeder Hollywoodfilm diese Fragestellen, wann immer zahllos gemordet und zerstückelt wird, aberim Schlafzimmer Handtücher in unsinnigen Posen zwischen Kameraund Geschlechtsteile gehangen werden.

Der wahre Flynt ist übrigens immer noch in bissiger Laune, ermachte sich einen Spaß und spielte den fetten RichterMorrissey, der ihn damals gnadenlos einbuchtete. Dafür gab eszwar keine Oscar-Nominierung aber Harrelson ist mit der Hauptrolle imRennen und Forman könnte seiner Sammlung noch einen Oscar in derKategorie Regie hinzufügen. Bei der Berlinale 1997 erhielt"Larry Flynt" den Goldenen Berliner Bären.

Günter H. Jekubzik


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

realisiert durch

Ein Service von

arena internet service

FILMtabs-Logo