Love etc.

Fr 1996 (Love etc.) Regie Marion Vernoux, 105 Min.

Pierre ist der tolle Lebemann und Frauenheld, immerübernächtigt, dauernd abgebrannt und absolutunzuverlässig. Bei den vielen Abenteuern fällt auch maleine weibliche Bekanntschaft für seinen langjährigen FreundBenoît ab.

Dieser freundliche, schüchterne Benoît (CharlesBerling) läßt seine Gutherzigkeit immer wieder vonFreunden ausnutzen. Selbst auf dem Foto, das er aufgrund einerKontaktanzeige verschickt, ist Pierre zu sehen. Benoîtexistiert nur als Schatten.

Doch der eigenwilligen und bestimmten Marie (Charlotte Gainsbourg)gefällt dieser zurückhaltende, unsichere Benoît. Nachein paar Treffen gibt es schon die Hochzeit. Pierre (Yvan Attal) sollin diesem Bunde als Hausfreund der Dritte sein.

Allerdings wäre "Love etc." kein leidenschaftlicherfranzösischer Film, wenn sich Pierre nicht in Marie verliebenmüßte. Der Freund vertraut sich der Freundin an. Die,schockiert vom dreisten Geständnis, gebietet Disziplin undAbstand. Sie verschweigt dem Gatten Benoît das DrängenPierres. Aus Rücksicht auf Benoît oder aus Angst vor deneigenen Sympathien? So leidet Pierre im Stillen - und imströmenden Regen, wenn er sich auf im Parkbank einer Dame inOrange offenbart. Die gemeinsamen Ausflüge des Trios sind vonnun an beschattet. Selbst Marie und Benoît haben kaum nochunbeschwerte Momente. Pierre verliert Job und Wohnung, zieht heimlichin ein Hotel gegenüber der Wohnung des Paares. Aber Benoîtahnt etwas und bringt mit seiner Eifersucht den Wahnsinn derGefühle so richtig in Schwung. Er steigert das Spiel um dieFrau, indem er im Hotel eine Etage höher als Pierre einzieht.Mittlerweile wechselten auch die Sympathien. Weg vom jetztselbstgefälligen Benoît, hin zum hemmungslos lieben- undleidenden Pierre.

Am Neujahrsmorgen des Jahres 2000 treffen sich die drei erneut amStrand, um im Epilog zu erzählen, wer mit wem was wurde.

"Love etc." (wie spricht man das bloß aus?) enthältsehr intensive Momente und wunderbare Szenen. Das ausführlicheZusammenbrechen eines freundschaftlichen Dreiecks unter dem Druck derLiebe läßt in seinem detaillierten Ablauf auch Zeitfür eigene Gedanken und Wertungen.

Leonard Cohens "Last Waltz" gräbt sich immer wieder in dieGehörgänge wie ein schmerzlich süßesLiebeserlebnis. Dazu gibt es großes Filmorchester, breitesCinemaScope-Format, viel Kamerabewegung und -kreisen (Kamera EricGautier). Kurz: Ein ganz großer Film von einer jungen Frau -das ist wohl am ehesten in Frankreich möglich. Die knapp30-jährige Marion Vernoux schrieb Liedtexte und Drehbücher.Ihr erster Kinofilm "Personne ne m'aime" wurde 1994 gleich zuminternationalen Erfolg.

Trotz der großartigen Mittel erhält sich dieRegisseurin in der Inszenierung eine erfreuliche Frische. ZumHochzeitsfoto hält der Film an, läßt sichhintereinander die Hoffnungen und Zweifel der drei Beteiligtenerzählen. In der Phase von Maries Unsicherheit blendet PierresSpiegelbild in das von Benoît über. Auch der Moment derHingabe ist eine inszenatorische Perle: Pierre darf Marie beimRestaurieren eines Gemäldes beobachten, wenn er kein Wortüber seine Gefühle verliert. Dann entblößt sichunter dem gemalten Kleid der Madonna eine nackte Brust ...

"Die kleine Diebin" Charlotte Gainsbourg sieht erwachsen aus, wasihrem prägnanten Gesicht sehr gut tut. Charles Berlingdrängt sich mit der Hauptrolle in"Ridicule" momentan geradezuangenehm dem deutschen Auge auf. Man erkennt ihn nicht unbedingtwieder, was Beweis einer Fähigkeit ist, ganz in seine Rollenaufzugehen.

Günter H. Jekubzik


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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