Lichter

BRD 2002 Regie Hans-Christian Schmid mit Ivan Shvedoff, Sergej Frolov, Anna Janowskaja 105 Min. FSK ab 12

Hans-Christian Schmid ist ein außerordentlich guter Regisseur mit feinem Gefühl für den richtigen Ton. Mit "Nach Fünf im Urwald" entdeckte er Franka Potente, mit "23" wurde August Diehl bekannt und in "Crazy" sah man Robert Stadlober so gut wie nie mehr danach. Bei "Lichter" zeigt er sein Können auch mit einem Riesen-Ensemble, das ansonsten nur Robert Altman stemmt.

An der deutsch-polnischen Grenze konzentrieren sich die Schicksale: Ukrainische Flüchtlinge auf dem Weg nach Berlin, Schmuggler, gescheiterte Existenzen und grausame Kompromisse. Raue Sitten nicht nur unter den Zigaretten-Schmugglern, es gibt wenig hilfreiche Menschen, und die ernten niemals Dank. Da ist die Übersetzerin beim Grenzschutz, die einem Ukrainer zur Flucht verhilft und ihn nach Berlin bringt, dort wo die Lichter des Potsdamer Platzes kalt strahlen. Doch auch hier (ver-) schwindet Hoffnung in einer bösen (Ent-) Täuschung.

Die gut zusammen gehaltene Vielfalt an Geschichten vermittelt niederschmetternd Facetten einer tiefen Kluft mitten in Europa. Mit Handkamera macht Schmid zeitweise auf den dokumentarischen Stil von "Halbe Treppe". Besonders gut ist er immer, wenn er sich auf einzelne Personen konzentrieren kann, etwa den Taxifahrer, der verzweifelt ein neues Kommunionskleid für seine Tochter braucht und dabei fast über Leichen geht. Aber die Lichter des Titels erweisen sich dabei immer als Irrlichter, als verlockender, trügerischer Schein. So wirkt Schmid plötzlich wie ein Seelenverwandter britischer Sozial-Filmer und polnischer Pessimisten: "Lichter" ist niederschmetternd wie die Filme Ken Loachs ("Sweet Sixteen") oder Kieslowskis oder wie die Realität.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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