Das Leben ist eine Baustelle

BRD 1997, Regie Wolfgang Becker, mit Jürgen Vogel, ChristianePaul

Jan hat es nicht leicht: Die erste Begegnung mit der netten,spritzigen Vera (Christiane Paul) kostet ihn direkt 4500 Märker,da sich die Angreifer, die Jan (Jürgen Vogel) mit einem SixpackDosenbier niederstreckt, als Zivilpolizisten erweisen, die geradeeine Demonstration zerschlagen. Zudem könnte Jan HIV-Positivsein. Auch seinen Job ist er bald los. Vielleicht hat erzusätzlich keine eigene Wohnung. Ach ja, dann stirbt noch seinVater, den Freunden geht es schlecht und die kleine Nichte Jennymüßte vor der sorglosen Mutter behütet werden.

Nur die Liebe in Zeiten der Kohl-Ära kann dieser Ansammlungvon Katastrophen etwas Heiterkeit verleihen. Mit Vera kann Jan aufAusstellungseröffnungen das Buffet schnorren, schöneKonzerte hören und noch tollere Liebes-Überraschungenerleben. Allerdings ist Vera immer schon verschwunden, wenn Janaufwacht. Der große Knall kommt also noch und läutet eineAbfolge von Liebeswirren ein, die überhaupt nicht mehr originellist. Im Gegensatz zu den Figuren, die sehr viel Spaß machen:Jans Freund Buddy vergöttert sein Idol Buddy Holly auflächerliche und liebenswerte Weise. "Bierchen" als Freund vonJans Schwester ist herrlich grob und dumm. Christiane Paul spieltsich (nach ...) noch nachhaltiger ins Gedächtnis. Dazu eineMenge guter Kurzauftritte. Das Leben, das eine Baustelle ist, wurdevon Wolfgang Becker gut eingerichtet, es haut trotzdem nichtbesonders um. Es sieht - auch mit dem schnellen Ende - aus, als obnach diesem Richtfest noch die Einzugsfete als zweiter Teil folgenkönnte. Sollte der Umbau im Gesundheitsamt vielleicht den Grundfür ein falsches Testergebnis bieten? Eine Menge Problemebleiben liegen, allerdings liegt der Reiz an Beckers nichttrendgemäßem Film in seiner Vielfalt.

Wolfgang Becker, der schon mit dem prämierten Erstling"Schmetterlinge" und mit"Kinderspiele" aufAufmerksamkeit erzeugte, folgte nicht dem Trend von Kollegen an, sicheinen lukrativen Spaß mit dem deutschen Komödienerfolg zumachen. "Das Leben ist eine Baustelle" und keine Komödie. Beckerist übrigens selber als Schlachter (-meister) zu sehen.

"Das Leben ist eine Baustelle" und Berlin eine reizvolleFilmkulisse. Der Berliner Becker nutzt die Attraktionen seinesWohnortes gekonnt aus, balanciert zwischen den "Klassikern" desjungen Berlinfilms wie Möckernbrücke oder Alexanderplatzund der speziellen Atmosphäre der Hinterhöfe.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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