Die Klavierspielerin

Österreich/Fr 2001 (Die Klavierspielerin) Regie Michael Haneke, 130 Min. FSK ab 16

Das wahre Grauen schlummert wohl doch hinter den Türen der Nachbarschaft, wie die erschütternde Verfilmung des gleichnamigen Romans von Elfriede Jelinek zeigt: Die angesehene Piano-Dozentin Prof. Erika Kohut (Isabelle Huppert) ist circa vierzig Jahre alt und lebt unter der Fuchtel ihrer harten und egozentrischen Mutter (Annie Girardot). Die Nächte im gemeinsamen Doppelbett sind ein Grauen, ebenso wie die abendlichen Kontrollanrufe, sollte Erika mal bei Bekannten Hausmusik spielen.

Frau Professor Kohut gibt die Härte im Unterricht am Konservatorium weiter. Die erniedrigten Schüler verlassen das Zimmer oft heulend. Mit der gleichen kalten Entschlossenheit geht Erika gegen ihre eigenen Sehnsüchte vor, besucht regelmäßig Pornoläden, "erledigt" ihre Triebe mit Selbstverstümmelungen im Schambereich. Nur beim Klavierspiel wirkt sie sanft und mädchenhaft. Über die gemeinsame Schubert-Leidenschaft lernt die kalte Professorin den jungen Hobby-Pianisten Walter (Benoît Magimel) kennen. Der Charmeur umwirbt sie, überspielt die demütigenden Abweisungen mit einer schier unerschöpflichen Lebensfreude und kommt der Verehrten näher. Allerdings nur unter ihren Bedingungen, die sich als dezidiertes Sado-Maso-Szenario erweisen: "Ich habe keine Gefühle. Und sollte ich welche haben, werden sie nie über meine Intelligenz siegen." Walter wendet sich angewidert ab, jetzt fleht sie ihn an und treibt ihn zu ihrem Wahnsinn. Allerdings nicht spielerisch, sondern brutal und schrecklich ernst.

Die kalte Härte dieser Menschen passt zu Hanekes Werk. Seine früheren Filme "Der siebte Kontinent", "Bennys Video" oder "Funny Games" beschrieben die "Vergletscherung der (österreichischen) Gesellschaft" und mit den Figuren der "Klavierspielerin" zeigt er wieder Monster im ganz alltäglichen Leben. Die seltsame Sexualität der Frau Professor irritiert anfangs, der hilflose Gewaltausbruch des Schülers Walter trifft jedoch den Menschen, nicht die "Perversion". Es vollzieht sich ein spannender Wechsel in der Sicht auf Erika. Die "Perverse" wird zum Opfer. Der Normale zum Hässlichen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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