Harry Potter und die Kammer des Schreckens

USA 2002 (Harry Potter and the Chamber of Secrets) Regie: Chris Columbus Mit: Daniel Radcliffe, Rupert Grint, Emma Watson, 168 Min. FSK ab 6

Der große Kino- und Zauberstar Harry Potter, die Herbsthoffnung für eine ganze Zaubersippe und alle Kinobetreiber, startet auch in seiner zweiten Kinoauswertung wieder als unterdrückter, geknechteter Junge, der bei seinen Verwandten mehr schlecht als recht untergebracht ist. Dann kommen seine Freunde von der Zauberschule Hogwarts vorbei und die nächste lange Weile heißt es: "Toll, alle wieder zu sehen!" Die Handlung hält sich derweil hinter vielen dunklen Andeutungen zurück, bevor die ersten Opfer in Hogwarts zu beklagen sind. Irgendwer hat die Kammer der Geheimnisse geöffnet. (Nicht "des Schreckens" wie die deutsche Übersetzung unnötig dramatisiert.) Blutige Zeichen stehen an der Wand, Spinnen kriechen überall herum und immer mehr Menschen liegen versteinert am Boden - zuletzt erwischt es sogar Harrys beste Freundin Hermine. Der Kreis der Schein-Verdächtigen ist groß, viele Bedrohungen schwirren um unseren immer erstaunt drein blickenden Helden herum. Doch letztendlich kann nur er dem Geheimnis auf den Grund gehen.

Einige Gimmicks machen wieder Spaß, wenn auch nicht so reichhaltig und beeindruckend wie im ersten Film: Gleich zu Anfang bringt eine Flugeinlage mit einem Oldtimer rasante Action. Ein böse sprechender Brief für Harrys ungeschickten Freund Ron erfreut nicht nur die versammelte Schülerschar Hogwarts. Für Humor und "Oh, wie süß" sorgt der - digital animierte - Hauself Dobbie. Einen Hauch von richtigem Schauspiel bringen die britischen Edelmimen in die Kinderei: Kenneth Branagh als eitler Zauber-Fatzke, Alan Rickman als gefährlich dunkler Klassenleiter und kürzlich verstorbene Richard Harris, dessen bessere Karriere am Ende mit dem Fluch der überaus gutmütigen Nikolaus-Figur Albus Dumbledore belegt wurde.

Neben all dem teueren Aufwand fürs Oberflächliche ließ man sich eine Neuigkeit für den zweiten Potter einfallen: Er hat diesmal ein richtiges Thema! Die Stichel- und Raufereien zwischen den Zauberlehrlingen, die Aufteilung der Figuren in gut und böse sowie die Antriebsfeder zum Öffnen der schrecklichen Kammer haben nur einen Hintergrund: Rassismus. Besonders blonde und reiche Streber hänseln so genannte "Schlammblute" (Muggel-Geborene) und wollen auf der Schule nur "Reines Blut", das heißt Schüler, deren beide Eltern Zauberer waren. Um es ganz gut zu machen, wird mit dem rassischen Fehldenken gleichzeitig das soziale angekreidet: Die armen Familien müssen sich Schlimmes anhören, haben aber immer das bessere Herz.

"Harry Potter" ist und bleibt selbstverständlich trivial. Niemand sollte Erfolg mit Qualität verwechseln. Allerdings macht die Schreckens-Folge des Potter-Mehrteilers es sich selbst und dem Publikum unnötig schwer: Die extreme Länge von 168 Minuten ist ein Problem für Kinder UND Erwachsene. Aber vor allem die Episode, in der Harry und Ron eine Spinnenhöhle betreten, wenn sich Spinnen-Grusel zu Splatter-Aktion wandelt, kann Kindern zielsicher schlaflose Nächte bereiten. Die gerade erfolgte Freigabe ab 6 Jahren erscheint sehr fragwürdig.

Das Finale hat weniger mit Zauberei und Magie als mit Indiana Jones und Bruce Willis zu tun. Der siegreiche Potter sieht so verschmiert und ramponiert aus wie die üblichen Actionhelden. Das wäre ein Alternative für die schreibblockierte Autorin Joanne K. Rowling, die vielleicht nicht weiß, was aus ihrem Zauberlein werden soll, wenn er mal groß ist: Serien-Actionheld, da braucht ihr nicht mehr viel einzufallen ....


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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