Harry Potter und der Stein der Weisen

USA 2001 (Harry Potter and the Sorcerer's Stone) Regie Chris Columbus, 152 Min. FSK ab 6

Es gibt Geschichten, denen entkommt man nicht. Harry Potter ist so ein Phänomen. Die Begeisterung anlässlich der Romane von Joanne K. Rowling ist so groß, dass alles Teil der Marketing-Kampane wird. Der Film wurde lange wie der Stein der Weisen gehütet und
der Presse bleibt nur, die Größe des Erfolges erst in den USA und England, sowie ab Donnerstag in Deutschland, festzustellen.

Für alle tapferen Ignoranten eine kurze Zusammenfassung der Handlung: Harry Potter (Daniel Radcliffe) lebt in einer Kammer unter der Treppe seiner garstigen Pflegeeltern bis ihn eine magische Briefflut endlich erreicht: Er sei an der berühmten Zaubererschule Hogwarts aufgenommen. Am geheimen Bahnsteig 9 3/4 geht es los ins Fantasieland, wo Harry immer wieder sein überragendes Talent beweisen kann. Die üblichen Typen bilden den Umkreis in der sagenhaften Schule: Die Streberin und der Tollpatsch, der beste Freund und der gemeinste Gegner bei den Mitschülern, der Gütige und der Suspekte (schaurig: Alan Rickman) bei den Zauberlehrern. Für das Sentiment sorgt Harrys Sehnsucht nach den verstorbenen Eltern, die er auch mal im Zauberspiegel sehen darf.

Die fantastischen Ideen der Potter-Romane finden in den Tricktechniken des Films dankbare Abnehmer: Lebendige Bilder an den Wänden, ein großer Saal mit Himmelsdecke und unzähligen schwebenden Kerzen. Ein Besenstiel-Wettfliegen a la "Ben Hur" oder "Star Wars" darf ebenso wenig fehlen wie ein Schachduell mit riesigen lebendigen und lebensgefährlichen Steinfiguren. Stolz stellt der Film seine Künste aus und vergisst dabei irgendwann das Erzählen. Dadurch verkommt "Harry Potter" zu einem Best Off-Album toller Einzelszenen, eher Ab- als Verfilmung. Eine Entwicklung der Figuren kann man nicht erwarten, erschreckend ist allerdings, dass Harry und seine Freunde Emotionen immer wieder durch große Augen und offen stehende Münder ausdrücken müssen. Das sieht eher nach billigem japanischem Zeichentrick aus, als nach anständigem Schauspiel. Die viel diskutierte Entscheidung für Daniel Radcliffe als Potter-Darsteller war vielleicht doch nicht so glücklich.

Obwohl eine dem Film eigene Dramaturgie stark vernachlässigt wird, langweilt man sich trotzdem nicht. Das liegt an der Fülle der Ideen, die ausführlich aneinander gereiht werden. Auch die nicht kindgerechte Filmlänge von 150 Minuten scheint kein Hindernis. So erweist sich der erste von sieben geplanten "Harry-Potter"-Filmen als der erwartete gemeinsame Nenner der Lesevorstellungen von Millionen. Inwieweit die Figuren und Welten des Films sich mit den eigenen Lesefantasien messen können, muss jeder Leser selbst entscheiden.

Ein kulturelles Phänomen ist "Harry Potter" aber vor allem durch das gar nicht alchemistische Vermögen, aus den bleiernen Buchlettern noch mal richtig Kassen-Gold zu machen. Wie die Zaubertricks im Film lassen die vielen Vermarktungsidee staunen: Von der Potter-Cola bis zum so eckig doch gar nicht passenden Lego-Bausatz zur Nachverfilmung. Damit ist "Harry Potter" aber nur das vorerst letzte Beispiel der Reihe mit "Star Wars" und "Jurassic Park". Fortsetzung folgt ...


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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