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Die Hymne

Cannes spricht deutsch?

Von Günter H. Jekubzik

Cannes. Nicht nur seine Abwesenheit im Wettbewerb macht es deutlich: Der im Heimspiel so erfolgreiche deutsche Film ist international nicht besonders viel wert, der Komödienerfolg findet bislang nur in den Landesgrenzen statt. Wenn ein blutrünstiges "Kondom des Grauens" über die Strandpromenade rennt, meint der deutsche Film "Kauf' mich!"

21 neue deutsche Produkte bietet die "Export Union" den internationalen Käufern an. Vom Superhit "Knockin' on Heaven's Door" bis zur gigantischen Niete "Das erste Semester". Die circa 30 Vorführungen drohen bei über 1000 Screenings ebenso unterzugehen wie deutsche Empfänge und andere Werbeideen im Trubel der Feiern zu 50 Jahre Cannes verblassen. Da helfen nur kleine aber feine Traditionen: Kontaktmäßiges Sprungbrett auf der Croisette ist seit Jahren der "Focus Germany". Eine nette Terrasse bietet Sonne, Frühstück und immer Gesprächspartner für die verschiedensten Filmgeschäfte.

Der "deutsche Tag", eine konzertierte Aktion mehrerer Filmstiftungen der Länder (u.a. Filmstiftung NRW, Filmboard Berlin-Brandenburg) ließe sich freundlich als unspektakulär bezeichnen. Zwischen circensischen Darbietungen erhielt "Knockin' on Heaven's Door" eine goldene Leinwand für 3 Millionen deutsche Besucher. Spanische Gäste auf dem alten Markt von Cannes rätselten über die Bestandteile von Reibekuchen und bayrischem Leberkäs. Ansonsten eine profillose Darbietung.

Und konsequent suchte der in Frankreich sehr geschätzte Regisseur Wim Wenders einen halben Satz lang nach seiner Heimatsprache, bevor er am sogenannten "deutschen Tag" seine Freude über den heimatlichen Komödienerfolg zum Ausdruck bringen konnte. Wenders inszenierte den Wettbewerbsbeitrag "The End of Violence" in den USA. Nach seinem Wunsch soll auch der Titel englisch bleiben, da der Film von "Violence" in und aus Hollywood handelt. Ein amerikanisches Thema.

Sehr sympathisch präsentiert sich der FilmFernsehFonds Bayern als Sponsor der "Preludes": Vor jeder offiziellen Veranstaltung laufen diese wunderbaren Zusammenschnitte von 4 - 6 bekannten Filmszenen. Die Titel lauten "Nebel", "Lächeln" oder "Haare". Die reizvollen Kinoerinnerungen gehören zu den schönsten Momenten von Cannes 1997.

Ebenfalls finanziell fördert Mercedes als Hauptsponsor seit einigen Jahren die anspruchsvollste Reihe des Festivals, die "Semaine de la critique". Dadurch gibt es dann immer wieder Probleme mit der Festivalleitung, die ihre Stars mit Renaults herumkutschieren läßt. Bislang durften die Stimmzettel, auf denen die Kritiker den besten Film der "36. Semaine de la critique" erwählen, nicht ausgelegt werden.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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