Diebe der Nacht

Fr 1996 (Les voleurs) Regie André Téchiné,mit Daniel Auteuil, Catherine Deneuve, Laurence Côte u.a., 117Min.

Das jüngste Werk des für den französischen Filmenorm wichtigen André Téchiné ist erneutunglaublich kunstvoll. Und doch fühlt man sich den MenschenTéchinés so nahe wie bei kaum einem anderen Regisseur.Die Rührung fiel einen in"Meine liebsteJahreszeit" (ebenfalls mit Auteuil und Deneuve) immer wiederunvermittelt an. Aber auch "WildeHerzen" ("Les roseaux sauvages", 1994), TéchinésBeitrag zur Serie "Tous les garcons et les filles de leur âge",betörte mit wunderbaren Momenten, zauberhaftem Licht und reinemGlück.

"Les voleurs" (Diebe der Nacht) ist nun ein großerFilmroman, der mehrstimmig erzählt. Ungewöhnlich undungeheuerlich breitet sich eine Wahrheit aus. Ein zehnjährigerJunge wacht nachts vom Schrei seiner Mutter auf und erfährt,daß sein Vater Ivan tot ist. Ivan klaute für dasFamilienunternehmen Autos im großen Stil. Ausgerechnet seinBruder Alex (Daniel Auteuil) - als Polizist schon sehr seltsam - hatein Verhältnis mit Ivan ehemaliger Geliebter Juliette (LaurenceCôte). Dieses junge, extreme Mädchen liebt auch die reifePhilosophie-Dozentin Marie (Catherine Deneuve). Juliettes Bruder istTeil der Gangsterfamilie von Ivan und Alex.

Der Versuch einer Zusammenfassung von Handlung kann den Reichtumvon "Diebe der Nacht" nicht wiedergeben. Der Film lebt erst in seinemkomplexen Spiel mit Zeit und Erzählebenen auf. In einemzweifachen Reigen der Gefühle erzählt jeder seinen Teil derGeschichte - solange er noch erzählen kann. Es ist eines dieseredlen Meisterwerke, zu denen der Begriff "Cinéma" eherpaßt als das prosaische "Kino".

Dazu enthält "Diebe der Nacht" alles, was Film so fesselndmacht. Ein kriminalistische Puzzle. Unbeschreiblich guteSchauspieler. Eine tief-tragische Liebesbeziehung mit drei Menschen:"Bei der Liebe ist es immer zuviel oder zuwenig." EinBrüder-Drama, bei dem Abel Alex als weißes Schaf in derGangsterfamilie ausgestoßen bleibt: "Er lebt nicht fürsich, nur gegen mich." Und schließlich die unendliche Trauervon Alex: "Man kann nicht alleine jung sein, deshalb war ich niejung."

Günter H. Jekubzik

Fünf gelungene Diebeszüge


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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