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Box of Moonlight

USA 1996 (Box of Moonlight) Regie Tom DiCillo, 110 Min.

"I've been lost for a long time!"

Von Günter H. Jekubzik

Im weißen Hemd, korrekt und streng leitet Al (JohnTurturro) die Montage für Zeus Power Systems. Sein ernstesArbeitsethos macht ihn zum Außenseiter. Zu Hause wartet seineFrau Deb auf die extrem pünktlichen Anrufe. Ihr blasser Sohnwird erdrückt von riesigen Rechenkarten und Anforderungen desVaters.

Etwas läuft nicht richtig beim Techniker Al, den seineMitarbeiter mit einem Roboter, einer Maschine vergleichen.Rätselhaft magische Momente lassen ein graues Haar in Zeitlupezum Boden schweben und das Glas leert sich beim Einschenken. Abends,in dem billigen Hotel, findet Al am Türschlitz die Werbung einerTelefonsexnummer. So weit, so trist. Doch dann werden die Arbeitengestoppt, alle fahren glücklich abgefunden nach Hause, nur Alnimmt sich eine Woche frei aus dem eigenen Leben. "Vielleicht werdenwir früher fertig", erzählt er seiner Frau, mietet sichbeim Circle-Autoverleih einen Wagen und fährt ziellos in dieGegend. Zurück zu den Kindertagen: "Gab es nicht hierfrüher einen See mit einer langen Wasserrutsche?" - Life is adrive!

Aber Al findet im Chemie-verseuchten See nur zerstörteJugenderinnerungen, die freundlichen Christen erweisen sichspäter als gefährliche Mörder. Während er inSelbstgesprächen die Tristesse seines Lebens protokolliert,verfolgt ihn die Telefonsexnummer durchs Land. Aber Al hat vielSpaß mit sich selbst. Vor allem als er Kid trifft. Kidführt ein freies Leben in einem halboffenen Wohnmobil, istSelbstversorger - enge Geister würden sagen: Dieb. Zufälligan den seltsamen, jungen Fremden gekettet, läßt sich Alendlich gehen/fahren. Er kann die Augen schließen und das Lebenkommen lassen. Weit weg von Steuer und Sozialversicherung lernt Al zufliegen, unterzutauchen, zu träumen. Zusammen mit Kid wird erzum spielenden, albernden Jungen im Tomatenfeld. Dank der Hilfeeiniger "Kopfschmerztabletten" kommt er auch auf Kids Minifete aussich heraus, legt einen flotten Tanz um das Lagerfeuer.

Die Selbstfindung gegen den Trott des Alltags erinnert stark an"Die Reisen des Mr. Leary". Das überraschende Wiedersehen mitdem alten Arbeitsplatz aus einer ganz anderen Perspektive führtzu ungewöhnlichem Handeln: Al macht kaputt, was ihn kaputtmachte! Ein Schuß in die Werksuhr trifft das Symbol mitten insHerz. Aber auch die große Freiheit bekommt eins in die Fressewie beim Road Movie-Klassiker "Easy Rider".

Nicht nur die Anwesenheit von John Tuturro (in der Hauptrolle)erinnert an abstruse, witzige Coen-Filme. "Box of Moonlight" ist einepoetisch-frische Überraschung im einförmigen Kinoalltag.Beim Regisseur Tom DiCillo erstaunen die ernsten Gedanken überfalsche und freudvolle Lebenswege. Den Humor aus "Johnny Suede" und"Living in Oblivion"hat der ehemalige Kameramann (unter anderem von Jim Jarmusch) nichtverloren. Nur wurde der Spaß reifer und der Stoff reicher. Vomdem strahlenden Glück dieser "Schachtel voller Mondlicht"läßt sich noch lange zehren.


Eine Kritik von GünterH. Jekubzik

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