Beresina oder die letzten Tage der Schweiz

CH 1999 (Beresina) Regie Daniel Schmid, 108 Min.

Ziemlich absurd kommt die Schweiz in "Beresina" daher. Der Film soll angeblich eine Liebeserklärung an die Schweiz sein, bei dessen Premiere in Cannes 1998 verließen jedoch auch alle Schweizer kopfschüttelnd den Saal. Daniel Schmid schätzt man eigentlich als sehr "sehenswerten" Regisseur, dem zuletzt sowohl stimmungsvolle und formvollendete Spielfilme wie "Zwischensaison" als auch ästhetisch faszinierende Halbdokumentationen wie "Das geschriebene Gesicht" (über den Kabuki-Künstler und Regisseur - "Struggle for Hope" - Tamasaburo Bando) gelangen.

Alles dreht sich in Beresina" um die naive russische Prostituierte Irina (Elena Panova), die in höchste politische Kreise eingeführt wird. Irina soll im Auftrag des intriganten Dr. Waldvogel und seiner Partnerin (gespielt von der Tochter des Wahlschweizers Charles Chaplin, Geraldine Chaplin) gegen das Versprechen eines Schweizer Passes Bundesräte ausspionieren. Doch obwohl sie alle mit den skurrilsten Sexspielchen um den Finger wickelt, wird sie fallen gelassen. Ohne bösen Willen löst die gutmütige Seele jedoch einen Staatsstreich aus. Ein geheimer Plan der Cobra-Bruderschaft zur Staatsrettung wird aktiviert und die Schweiz endlich wieder Monarchie ...

Das Märchen davon, wie frau eine Schweizerin wird, ist unübersehbar eine Klamotte, eine Parodie, aber mit welchem Ziel? Der wehrhafte Divisionär Stuzenberger steht am Zaun und wehrt alle ab, die daran rütteln: Lenin, Mao und Ho Chi Min. Die von einem Tunnelsystem untergrabene Alpenwelt kommt ebenso vor wie die Geldwäsche und andere Schweizer Traditionen. Der Titel geht zurück auf eine Schlacht im Jahre 1513 am Beresina-Paß, den Schweizer Soldaten heldenhaft verteidigten.

Als dann der ganze, überaus seltsame Plot zu seinem absurden Wendepunkt kommt, ist dieses Finale furchtbar träge inszeniert. Eine Hommage an eidgenössisches Tempo? Es gibt sicher einiges zu spötteln und zu kritisieren an diesem Hort der seligen Konten, an dieser viersprachigen Zweckgemeinschaft aus Wirtschaftsinteresse, an dieser Trutzburg mitten in Europa. Doch Schmid verspielt hier diese Chancen. So haben vor allem Ausländer keine Chance in die hermetische Bedeutungsfestung dieses Films einzudringen. Wenn tief in den Stollen überhaupt ein Sinn versteckt liegt ...


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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