Beijing Bicycle

China 2001 (Zi Xing Che) Regie und Buch: Wang Xiaoshuai, 113 Minuten

Wenn der 16jährige Guei in "Beijing Bicycle" die Riesenstadt Peking und den Kapitalismus mit einem flotten Mountainbike erobern will und dabei unter die Räder kommt, ist das kein Zufall oder eine Selbstverständlichkeit der chinesischen Fahrrad-Hauptstadt. Mit der Entwicklung bestimmter Wirtschaftsformen durch moderne Zeiten und Länder kommen immer wieder die "Fahrraddiebe" aus de Sicas Neorelismus-Klassiker nach dem Roman von Luigi Bartolini einher. Ob im Italien nach dem Zweiten Weltkrieg, im andauernden Nachkriegs-Vietnam von "Cyclo" oder im vorkapitalistischen China von "Beijing Bicycle" - die Straße in Richtung individuelle Freiheit wird gerne mit dem Fahrrad, Modell Neorealismo, befahren.

Guei will sich seine Konsumwünsche mit einem Rad verdienen und in der Schule einem Mädchen imponieren. Deshalb nimmt er einen Job als Fahrradkurier an. Gerade als er das geliehene Rad abbezahlt hat, wird es geklaut. Bei einer verzweifelten Suche unter den Millionen Rädern Pekings wird er tatsächlich fündig, doch der neue Besitzer hat das Radl gut gläubig auf dem Flohmarkt gekauft. Nach heftigem Streit und Prügeleien einigen sich die Jungs auf ein Rad-Sharing. Die kommunistische Lösung des ewigen Kampfes zwischen Bestohlenem und Dieb lautet: Das Eigentum wird zwischen den zwei Jungen geteilt - allerdings funktioniert dies Modell nicht lange. Das Ende wird tragisch.

"Beijing Bicycle" von Wang Xiaoshuai zeigt bei der verzweifelten Suche nach dem einen gestohlenen Rad im Heuhaufen der Millionen Stahlrösser die Vielfalt des Radgebrauchs vom Transport des Bauern über die Stunts der Jugendlichen bis zum Tretboot auf dem Fluss im Hintergrund - kurz: Leben in Peking. Doch der chinesische Film ist kein bitterer Neorealismus mehr, er ist stadt- und staatsfreundlich. In der sicheren Umgebung eines gewissen Wohlstandes wird feiner dekliniert: Es geht um das schnellere vorwärts kommen, um das Auf- oder Absteigen, vor allem in der Gunst eines Mädchens. So ist der chinesische Film nur teilweise packend, oft geht einem die sture Streiterei auf die Nerven ...


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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