All or Nothing

GB/Frankreich (All or Nothing) 2002 Regie: Mike Leigh Mit: Timothy Spall, Lesley Manville, Alison Garland 128 Min. FSK: ab 12

Vor einem Mike Leigh-Film muss man sich ernsthaft fragen, ob man in seinem Leben gerade emotional gefestigt ist. Denn "Nackt" oder "Lügen und Geheimnisse" kommen mit der vollen Wucht all dessen daher, was man falsch machen kann. Und nach der genialen Theaterkomödie "Topsy-Turvy" geht es in "All or Nothing" wieder ums ganze ... Elend dieser Welt.

Die Musik macht auch bei "All or nothing" klar: Das wird kein Vergnügen - obwohl das Elend, die Rücksichtslosigkeit, der barbarische Umgang ganz unten in einem Londoner Wohnsilo, direkt neben der Gosse, so extrem ist, dass man irgendwann nur noch lachen kann: Penny und Phil haben zwei dicke wortfaule Kinder. Rachel arbeitet wenigstens, der aggressive und debile Rory liegt nur auf der Couch, schnauzt seine Mutter an während Phil verlegen schweigt. Die Couch scheint sowieso Hauptwohnort britischer Jugendlicher zu sein, man könnte noch ziemlich viele Beispiele deprimierender Lebensweisen und -verhältnisse anführen, doch Mike Leigh ist darin unschlagbar.

Das packende Spiel auf Basis intensiver Proben zeichnet die Filme Mike Leighs aus. Auch diesmal überzeugen die Figuren, die ziellosere Konstruktion der Geschichte verhindert allerdings einen ebenso eindringlichen Effekt wie bei "Lügen und Geheimnisse". Timothy Spalls gutherzige, gedemütigte Figur ist wieder Zentrum des bitteren Lebens: In seinem Taxi lässt Phil sich runtermachen und um das Fahrtgeld lumpen. Bei der eigenen Familie bettelt er dann um Kleingeld fürs Benzin. Erst ein plötzlicher Krankheitsfall bringt die schrecklich elende Familie wieder zusammen und gibt dem Publikum gerade so viel Hoffnung, dass sie den Kinosaal ins graue Leben zu verlassen wagt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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