A.I. - Künstliche Intelligenz

USA 2001 (A.I. Artificial Intelligence) Regie Steven Spielberg, 145 Min.

Nein, "A.I." dreht sich NICHT um Künstliche Intelligenz, wie es der amerikanische Philosoph John R. Searle völlig verfehlt in der "Zeit" einfordert. Es geht um "Love", wie jeder, der nicht zu spät ins Kino kommt, von William Hurt erfährt: Lieben und geliebt werden - und das durchaus raffinierter und abgründiger, als man es bei Steven Spielberg erwartet.

Wir schaffen uns einen Hund - oder einen Roboter - an, um bedingungslos geliebt zu werden, und irgendwann wird der so simple Fühlende lästig. Und was wollen wir eigentlich vom eigenen Kind? Vor allem aber hat diese Liebe immer zwei Seiten, zwei Beteiligte. Mit dem Erleben des Anderen, des ewig Liebenden, der verzweifelt das sich abwendende Objekt seiner Liebe sucht, beschäftigt sich "A.I.". Idealerweise in Form des kleinen Jungen David, der mit großen Dackelaugen "Mami" säuselt.

Wie in "Unheimliche Begegnung der dritten Art" der Heil bringende Alien aus dem strahlenden Ufo schwebte, tritt nun der kindliche Roboter David (Haley Joel Osment aus "Sixth Sense") ins Leben der trauernden Eheleute Henry und Monica Swinton: David, ein hoch entwickelter Prototyp mit eigenen Gefühlen, kommt in die Familie, weil deren leiblicher Sohn seit langem unheilbar im Koma dümpelt. Nach der unwiderruflichen Prägung durch sieben Passworte sind David und Mama Monica (Frances O'Connor) unzertrennlich - bis der organische Sohn geheilt zurück kehrt und den mechanischen Platzhalter eifersüchtig bekämpft. Schweren Herzen setzt Monica das "Mecha-Kind" David im Wald aus.

In dem zweiten Teil des Film sucht der unglückliche David nun die Blaue Fee aus der Pinocchio-Geschichte, die ihn zu einem "richtigen Jungen" machen soll. Aus dem abgeschlossenen Heim mit dem sanften Licht, gerät der unglückliche Junge in einem brutales "Fleischfest", bei dem herrenlose "Mechas" vor Zirkuskulisse öffentlich massakriert werden. (Hier sieht man den einzigen schwarzen "Mecha" - als Opfer!) Doch die ewige Liebe in Davids Schaltkreisen führt ihn tatsächlich nach Hause - wo ihn eine schreckliche Überraschung erwartet. Ganz wie bei "2001" von Stanley Kubrick, der "A.I." entwickelte und die Story Steven Spielberg vererbte, folgt noch ein abgehobener dritter Teil, der knappe 2000 Jahre später spielt!

Der äußerst geraffte Ablauf lässt bereits ahnen, wie reichhaltig und ambivalent "A.I." ist: Der eine Zuschauer mag sich dauernd am drollig-tapferen Super-Toy Teddy erfreuen, der David treu begleitet. Die andere hat besonderen Spaß am "Liebes-Mecha" Jude Law, der nicht nur auf Knopfdruck die gewünschte Haarfarbe und mit einem Kopfnicken die passend romantische Musik mitliefert. Die Welten von "A.I." sind faszinierend und John Williams' Musik gibt sich mal variabel. Wenn man sich von der Fixierung auf die typischen Spielberg-Elemente wie Märchen und "nach Hause telefonieren" löst, gibt es in diesem außergewöhnlichen Science Fiction eine Menge Visionen zu entdecken und Ideen zu überdenken. Zwischendurch glaubt man in einem der nicht enden wollenden Enden, die Lösung zu Kubricks "2001" zu erhalten, wird dann jedoch irritierend in trügerisches Glück eingetaucht. Die spannende Spanne zwischen Kubricks Genie und Spielbergs populären Manien erzeugte tatsächlich ein in seinen Brüchen bemerkenswertes und unbedingt sehenswertes Kunststück.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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