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Patch Adams

USA 1998 (Patch Adams) Regie Tom Shadyac, 115 Min. FSK ab 6

Die ungewöhnliche Karriere eines mehr als ungewöhnlichen Arztes beginnt ganz unten, hinter dem Badezimmerspiegel locken schon die Pillen für einen schnellen Tod. Doch Hunter Adams (Robin Williams) hat noch die Kraft, sich selbst in eine psychiatrische Klinik einzuweisen. Dort hilft ihm eigentlich nur die Erkenntnis, daß Doktoren ziemlich übel mit ihren Patienten umgehen und er selbst ein Talent hat, den Leuten zuzuhören, ihre Ängste und Träume zu erahnen. In knappen Worten knallt er es dem leitenden Arzt an den Kopf: Sie sind ein Stümper und ich werde jetzt Arzt.

Doch auf der Universität sorgt Adams erneut für Aufsehen. Nicht sein fortgeschrittenes Alter - Robin Williams zuliebe -, sondern einfach der gesunde Menschenverstand irritiert mächtig in einer Zunft, die es als Verpflichtung ansieht, alle menschlichen Gefühle für den Patienten abzutöten. Patch hingegen ist fasziniert von den Möglichkeiten, auch noch bei alten, abgestumpften Menschen ungewöhnliche Reaktionen hervorzurufen. In seiner Freizeit betreut er krebskranke Kinder, sterbende Alte und traut sich selbst an den gefürchtetsten Widerling der Station heran. Als Clown in immer wieder neuen Verkleidungen berührt er die Herzen der Menschen, die nicht mehr viel zu lachen haben.

Patch Adams sieht das, wovor andere die Augen verschließen, er stellt einfache und deshalb um so treffendere Fragen. Seinen Namen gab ihm ein psychisch krankes Genie, als Hunter mit einem Papierstückchen dessen Becher flickte: Flickwerk, englisch Patchwork.

Doch selbstverständlich kann so eine nette Geschichte im amerikanischen Film nicht gut gehen: Immer vom Rauswurf bedroht macht Patch auch noch eine alternative Klinik auf, die den massenhaft herbeiströmenden Patienten vor allem eines bietet: Aufmerksamkeit. Hinter dieser "wahren Geschichte" steht das Buch "Gesundheit: Good Health is a Laughing Matter" von Hunter Doherty Adams, der immer noch erfolgreich eine eigene Klinik betreibt.

Erneut doktert Robin Williams in seiner Karriere herum. Als Verkörperung von Oliver Sacks half er in "Zeit des Erwachens" dem Patienten Robert DeNiro zu einem kurzen hellen Moment. Auch die schrägen Parts in "König der Fischer" oder "Toys" hatten therapeutische Wirkung auf die Umwelt. Und jetzt war Hunter Doherty Adams, genannt "Patch", die Vorlage für seinen ungewöhnlichen Praxisfall. Und irgendwie ist diese Rolle auch ideal für den Komödianten Williams - immer wieder ruft er heilendes Lachen hervor, nutzt seinen direkten Draht zu den Herzen der Menschen.

Zwar ist alles von Tom Shadyac ("Ace Ventura", "Der Dummschwätzer", "Der verrückte Professor") professionell inszeniert, die Metapher des Schmetterlings für seine mißbrauchte Freundin etwa bietet filmisches Kunsthandwerk im guten Mittelmaß. Doch der Hollywood-Touch versaut jede gutgemeinte Vorlage: Das Ergebnis ist ur-amerikanisch, da braucht es gar nicht solcher Sätze wie "Das ganze Leben ist die Suche nach dem Zuhause." Unangenehm klar ist fühlbar, daß nach Kennenlernen und euphorischen Erfolgen die Katastrophe folgen muß, damit wir uns dann besonders über das Happy End freuen können. Weshalb auch wirklich jede Geschichte dieser ekelhaft abgeschmackten Dramaturgie folgen muß, bleibt rätselhaft. Irgendwann wird jemand behaupten - und auch tatsächlich glauben! - das Leben sei so.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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