Indiana Jones und der letzte Kreuzzug

USA 1989 (Indiana Jones and the Last Crusade) Regie Steven Spielberg, 127 Min.

Steven Spielbergs dritte "Indiana Jones"-Folge buchte in den USA Einspielrekorde und wird auch hier lange Zeit Kinosäle okkupieren. Unter anderem dadurch ist Krzysztof Kieslowskis "Kurzer Film über die Liebe" erst Monate nach dem Bundesstart zu sehen. Beide Werke drehen sich um Versatzstücke europäischer Kultur. Doch Indiana Jones (Harrison Ford) "Letzter Kreuzzug" benutzt den heiligen Gral der Artuslegende nur als Aufhänger für einen zweistündigen Abenteuer-, Aktion-, Spannungs- und Spaß- Rausch. Eine Hochgeschwindigkeits-Inszenierung mit gutplazierten Ruhepausen, die auch unterhaltsamst angefüllt sind. Sean Connery liefert als Bücherwurm Jones Senior in witzigen Dialogen eine ironische Brechung Indianas, des Helden wider Willen. Doch genauso wenig, wie die gegnerischen "Nazi-guys", deren Bücherverbrennung, die Handlungsorte in Österreich, Venedig und Berlin hat der Gral etwas mit Realität oder ihrer Widerspiegelung zu tun. Alles ist naiv gestalteter, austauschbarer Hintergrund für perfekte Kino-Zerstreuung.

Näher am Leben der ZuschauerInnen ist "Ein kurzer Film über die Liebe". Tomek (hervorragend: Olaf Lubaszenko) sitzt wie sie in einem dunklen Raum. Seine Leinwand ist ein "Fenster zum Hof" des Hochhausblockes. Sobald abends der Wecker klingelt, entfernt Tomek das Tuch vom sakral verhüllten Fernrohr. Jetzt kommt Magda (Grazyna Szapolowska) nach Hause, an deren Leben er heimlich teilhat. Kieslowski bezieht sich zwar auf Elemente berühmter Filme des Voyeur-Themas, doch "Peeping Tom(ek)" versetzt Magda nicht in die genreübliche Panik. Die selbstbewußte Frau sucht den Kontakt ohne Angst. Dem polnischen Regisseur geht es um die Schwierigkeiten, miteinander in Beziehung zu treten, wobei sein ruhiger, eindringlicher Stil schnell fasziniert. Im Vergleich zu "Ein kurzer Film über das Töten", Europäischer Filmpreis 1989, fallen poetische Szenen und reiche Symbolik auf. Hier werden religiöse Motive und allgemeines Kulturwissen verwandt, um mit wenig Aufwand viel auszudrücken. Kieslowskis Ökonomie erzeugt faszinierende Menschen und Beziehungen ohne hektische Wechsel der Bilder.

Ökonomie bei Spielberg bedeutet, mit nur 25 Mio. Dollar einen Film zu schaffen, der nach 55 Mio. ausssieht und ein Vielfaches an Gewinn einspielt. Seine Kunst besteht darin, unglaubliche Ereignisse in einer Geschwindigkeit zu inszenieren, die das Publikum im Taumel der Sinneseindrücke fesselt und keinerlein Nachsinnen erlaubt. Dazu gehören schnelle Schnitte, eine ununterbrochene Folge von neuen Abenteuern und das berüchtigte musikalische Dauerfeuer des Komponisten John Williams. Eine kurze Melodie gewinnt hingegen in Kieslowskis Film durch sparsamen, gezielten Einsatz soviel an Prägnanz, daß sie bei erneutem Hören Gänsehaut verursacht. Solche essentielle Gefühle und Handlungen sind für Indiana Jones höchst nebensächlich. Es tötet sich leicht, geliebt wird ohne Folgen und ein richtiger Held braucht nicht zu essen. Perfekte Zerstreuung und gebündelte Faszination menschlichen Handelns. Beides kann Kino bieten, solange der kommerzielle Kreuzzug Hollywoods nicht einen weltweiten Einheitsfilm erzeugt.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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