Leo über alles

Berlin. Einen goldenen Leo für DiCaprio: Dem amerikanischen Jungstar gebührt bei den 50. Internationalen Filmfestspielen eine Auszeichnung für die eindrucksvolle Belebung des Festivals. Den nagelneuen Marlene-Dietrich-Platz vor dem Berlinale-Palast sollte man direkt nach Leonardo DiCaprio benennen, denn er brachte siedende Cannes-Atmosphäre ins fröstelnde Berlin. Obwohl er kaum live zu sehen war, kam man am vergangenen Wochenende nicht an ihm vorbei. An seinen Fans, die den Berlinale-Palast belagerten, noch weniger. Von allen Titelseiten glänzte er, alle Nachrichten füllte er. In Persona sah er vor allem gestriegelt gut aus und verlautete nette Belanglosigkeiten: Seine deutschstämmige Oma hätte es sehr gefreut, dass er bei der Berlinale sei. Da kann sie sich bei ein paar hundert Teenagern einreihen - die hat es auch gefreut.

Weniger dann das Publikum, das "The Beach", den neuen Film des teuren Jüngelchen unbedingt sehen mußte. Vereinzelte Buhrufe und schon vorher knallende Türen quittierten die mangelnde Substanz des langerwarteten und von langer Hand hochgespielten Problemfilmchens. Aber schön sieht auch der Strand aus, den internationale Thailand-Touristen auf einer abgelegenen Insel entdeckt haben. So schön, dass sie ihn lieber geheimhalten, denn der Tourist an sich ist ja ein notorischer Zerstörer von Schönheit. Nur der Einzelne bildet immer die Ausnahme. So kommt auch der von Leo gespielte Rucksack-Ami auf die Insel, wird glücklich, erlegt einen Hai und knallt für einige Zeit völlig durch, um dann doch noch den Absprung zu schaffen. Vor allem im Wahnsinn zeigt sich mangelndes darstellerisches Talent beim Jungstar. Es sollte wohl aussehen wie Marlon Brando in "Apocalypse Now", doch dazu ist Leo der Kleine (noch?) nicht in der Lage.

Ein nicht ganz so laut umjubeltes "Heimspiel" gab es für die Eishockey-Stars der Eisbären Berlin. Hinter dem tierischen Kunstnamen einer erzwungenen Geldliga verbirgt sich der ostdeutsche Traditionsverein Dynamo Ostberlin. Und um ein Porträt dieses ganz speziellen Beispiels von Ost-Befindlichkeit ging es dem Dokumentarfilmer und Oscar-Gewinner (für den Kurzfilm "Schwarzfahrer") Pepe Danquart in seinem "Heimspiel": Die Fans finden in den Stadionreihen noch etwas aus ihrer DDR-Vergangenheit, auf das sie stolz sein können. Auch wenn die Liga aus zwei Vereinen damals ein quälender Witz war, international machte Dynamo etwas her und so verwundert es nicht, dass dieser Name auch heute noch in den äußerst kreativen Sprechgesängen angestimmt wird. Während "The Beach" ab Donnerstag selbstverständlich die ganze Republik überspült, ist der Kinostart von "Heimspiel" in ein paar Wochen eine mutige Sache. Aber die vollen Vorstellungen der Berlinale beweisen die Qualitäten der Mischung aus frischen Milieustudien und rasanten Sportaufnahmen.


 

Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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