Berlinale 2005

Festivalberichte von Günter H. Jekubzik und Oliver Schiffers


Die 55. internationalen Filmfestspiele in Berlin
10. - 20. Februar 2005

Allerlei aus Deutschland im Wettbewerb

Zwei deutsche Filme im Wettbewerb am Wochenende! Da kann sich der Filmpatriot - falls es solche Gegenstücke zu Fußballfans überhaupt gibt - doch freuen. Oder? Die Multikulti-Komödie "One Day in Europa" und das alljährliche Nazi-Widerstands-Stückchen "Sophie Scholl" zeigen sehr schön die historische Spannweite deutschen Filmschaffens zwischen Festlegung auf Bewältigungs-Klischees und sich im europäischen Förder-Einerlei zu verlieren.

Lang erwartet und gerade so fertig geworden: "Sophie Scholl" erzählt nach "Die Weiße Rose" erneut die Geschichte der Münchener Widerstandsstudenten, wobei sich der neue Film von Regisseur Marc Rothemund und Autor Fred Breinersdorfer ganz auf die Perspektive von Sophie Scholl und die letzten Tagen vor der Hinrichtung konzentriert.

Und dann noch der nette Seitenhieb auf den "GröFaz" (größten Filmunsinn aller Zeiten). Irgendwann wird der Text eines Flugblatts unvollständig vorgelesen: "Erschüttert steht unser Volk vor dem Untergang ..." Gemeint ist selbstverständlich Eichingers Hitler-Groteske "Der Untergang".

Ganz schnell führt die Exposition in den Gestapo-Keller: Erst hört die lebendige Studentin Sophie Scholl (Julia Jentsch) am Radio heimlich "Negermusik" von Ella Fitzgerald, dann geht es zum Pamphlet-Verschicken und die restlichen Blätter sollen, eher aus Verlegenheit an der Münchener Uni verteilt werden. Dabei werden Sophie und ihr Bruder erwischt. Das folgende Verhör bleibt konzentriert trocken wie ein inszeniertes Protokoll, hier werden historische Dokumente gespielt. Dabei ist die kluge Studentin ihrem Gegenüber Mohr, dem kleingeistigen Gewinnler der Bewegung, immer überlegen. Auch schauspielerisch kann nur Jentsch interessieren. Doch wenn am Ende die zum Tode Verurteilten tapfer meinen: "Es war nicht vergebens!", muss man ihnen vom unoriginellen Film und der nicht sehr hoffnungsvollen Historie entgegen halten: Doch, es war sinnlos, hat den Krieg nicht verkürzt und wird auch heute kaum jemand zu irgend zu einer guten Tat anhalten. Die Berlinale und der deutsche Film feiern weiter winzige Widerstandsnester.

Hannes Stöhr dagegen feiert mit seinem Episodenfilm "One day in Europe" Verschiedenheiten in Europa: Während irgend eines Fußballfinales dreht es sich bei Menschen am Austragungsort Moskau, bei den Mannschaftsstädten La Coruna und Istanbul sowie in Berlin darum, etwas zu verlieren und betrogen zu werden. Mal will der vermeintlich raffinierte Tourist einen Raub für die Versicherung inszenieren, mal wird der Jakobsweg-Pilger all seiner digitalen Fotos beklaut und vom Polizisten belehrt: Der Weg ist das Ziel, nicht die Bilder. Irgend so einen Spruch müsste es auch für diesen netten, aber nicht bis zum Ende durchkomponierten Film geben, der bald der Vergessenheit anheim fallen wird ...