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Davor und danach - und nichts ist, wie es war

USA 1995 (Before and after) Regie Barbet Schroeder, 100 Min.

Viele Fragen bewegt dieser Film und auch am Ende bleibt die zentrale offen: Was ist besser, die Wahrheit zu sagen oder sie nach den vermeintlichen Sachzwängen auszurichten? Was uns tausend Gerichtsfilme ausgeredet haben, wird von Barbet Schroeder wieder offengelegt. Die glatten Pragmatiker und juristischen Rhetoriker sind nicht das Maß der Dinge. Außerhalb des Gerichtssaals, nämlich in uns, gilt es Entscheidungen zu treffen.

Der 16-jährige Jacob wird des Mordes an einer Freundin verdächtigt, kann aber selbst uns im Kino keine Auskunft geben, weil er für die ersten fünf Wochen verschwindet. Derweil hat sein Vater Ben Ryan schon in der ersten Nacht einige Beweisstücke vernichtet und fühlt sich wegen eines Streits am Tatmorgen schuldig. Er behindert die Untersuchungen und beharrt auf das formale Recht, das alle aus sehr vielen Fernsehserien kennen. Die Mutter Carolyn hingegen orientiert sich zu einem befreundeten Anwalt, läßt sich von Vertrauen leiten. Selbst als Jacob gefunden wird und sogar auf Kaution frei kommt, bleibt er stumm und wir im Ungewissen. Eine Entscheidung über das weitere Handeln muß jedoch schnell getroffen werden ...

Ganz exzellente Schauspieler (bis in die Nebenrollen) tragen den gar nicht so offengelegten Konflikt in vielen Schattierungen aus. Meryl Streep als Carolyn wird zwar von der deutschen Synchronstimme sehr behindert, doch Liam Neeson stellt in seiner überlegen tuenden Unsicherheit den perfekten Gegenpart dar. ãDavor und Danach" ist anders, als erwartet. Der Begriff ãFamilie" wird sehr oft benutzt, doch das durchgehend spannende Drama läuft quer zu bekannten Familienfilm-Mustern. Eine ungewöhnliche Initiation erlebt der junge Jacob. Die Beziehungen der vierköpfigen Familie werden einfühlsam ausgespielt. Das umgebende Gemeinschaftsleben gerät nicht in Vergessenheit.

Hinter dem Namen Schroeder passiert immer etwas Besonderes, ob der Film in Frankreich oder - wie die letzten fünf - in den USA gedreht wurde. Auch ãDie Affäre der Sunny von B." handelte ernsthaft von Moral, ließ das Publikum mitdenken. Selbst wenn ãDavor und Danach" mit der sehr auffallenden Musik von Howard Shore arbeitet, bleibt er doch eine dieser faszinierenden, reifen Ausnahmen im Kino.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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