Weißer Oleander

White Oleander

USA 2002
Regie: Peter Kosminsky
Drehbuch: Mary Agnes Donoghue nach dem gleichnamigen Roman von Janet Fitch
Darsteller: Alison Lohman (Astrid Magnussen), Robin Wright Penn (Starr Thomas), Michelle Pfeiffer (Ingrid Magnussen), Renée Zellweger (Clair Richards), Billy Connolly (Barry Kolker), Swetlana Efremowa (Rena), Patrick Fugit (Paul Trout)
Länge: 110 Min.
Verleih: Tobis StudioCanal
Kinostart: 6. Februar 2003

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Die dramatische Odyssee des Heimkindes Astrid gewinnt durch pointierte Auftritte Michelle Pfeiffers Starklasse.

Von Michelle Pfeiffer durch ein furchtbares Ereignis getrennt; von den Pflegemüttern Renée Zellweger und Robin Wright Penn aufgenommen ... Mal abgesehen von der kleinen unfeinen Vermischung von Starimage und Rolle macht die Besetzung bei "White Oleander" klar, wie ernst man die Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Jane Fitch nahm. Die Geschichte gibt auch einiges an Drama her, dass sich gefährlich an der Grenze zum Melodram bewegt: Die junge Astrid Magnussen (Alison Lohman) ist so eng mit ihrer Mutter Ingrid (Michelle Pfeiffer) verbunden, dass sie deren emotionalen Ausbrüche klaglos hinnimmt. Auch die Kamera zeichnet den Anfang von Astrids Erinnerungen strahlend weich. Da überrascht es in den nicht chronologischen Rückblenden, dass die verletzte und cholerische Künstlerin Ingrid irgendwann einen nicht mehr interessierten Liebhaber umbringt. Die Mutter landet im Knast, die zarte, blonde 13-Jährige unter staatlicher Obhut, eine lange Zeit in wechselnden Pflegefamilien beginnt, immer wieder unterbrochen von der Rückkehr in ein Heim, das in vielen Punkten einem brutalen Knast ähnelt.

Gelungen ist den Filmemachern die genaue Zeichnung der unterschiedlichen Lebensumgebungen, an die Astrid sich - gezwungenermaßen - anpasst: Die Trailer-Schlampe Starr Thomas (Robin Wright Penn) könnte eine gute Pflegemutter sein. Astrid erholt sich langsam vom Schock der Trennung, findet zu einem anderen Leben. Doch dann fügt sich zum verqueren religiösen Wahn Starrs auch noch extreme Eifersucht. Eine Schusswunde ist die äußere Verletzung, die das Mädchen aus dieser "Familie" mitnimmt. Danach ergänzen sich die einsame Schauspielerin Clair Richards und der Geborgenheit wie Inspiration suchende Teenager Astrid. Bis bei einem der Besuche im Gefängnis Ingrid wegen des Wandels ihrer Tochter eifersüchtig wird und mit kalter Arroganz ein weiteres Leben zerstört ...

Die Bilder von "Weißer Oleander" verstrahlen nicht nur oberflächlichen Reiz, sie geben Lebensstimmungen wieder, täuschen aber auch als Fassade. Ebenso hintergründig wirkt das anfangs sehr ähnliche Aussehen von Mutter und Tochter, das die Titel gebende Blume variiert: Schön und bewundernswert, aber unter bestimmten Bedingungen tödlich giftig. Wenn Ingrid hinter einem kalten Lächeln ihre überlegene Menschenkenntnis zu feinen rachsüchtigen Stichen einsetzt, zeigt sich in kurzen Momenten die schauspielerische Brillanz Michelle Pfeiffers. Eine ebenfalls exzellente Robin Wright Penn ist mit heftigem Südstaaten-Dialekt kaum zu erkennen. Genauso überraschend verschwindet Bridget Jones hinter der depressiven, ein paar Grade zu sehr gebräunten Schauspielerin Clair Richards. (Ihre stolz vorgespielte Splatter-Szene zeigt übrigens tatsächlich Zellweger in einer frühen Sünde, "Texas Chainsaw Massacre: Die Rückkehr"!) Bemerkenswert auch Alison Lohman in der Hauptrolle als Astrid.

Selbst wenn der Film des TV-Routiniers Peter Kosminsky einige der Lebensstationen des Romans von Jane Fitch auslässt, erlebt Astrid, die Hauptfigur von "Weißer Oleander", einen emotionalen Parforce-Ritt. Selbstverständlich werden die bewegenden Momente im Rahmen des Hollywood-Denkbaren gehalten, zu heftige Emotionen und Beunruhigungen rechtzeitig abgefedert. Klischees wie die feinfühlige Künstlerin, die in feindseliger und trivialer Umgebung geformt wird, bleiben nicht aus. Doch die sorgfältige Inszenierung und das sehr gute Spiel von allen Frontfrauen macht den Leidensweg der anfangs sensiblen Astrid glaubhaft und lässt einen mitgehen. Ihre Entwicklungsschritte bringen eine Emanzipation von der Mutter mit sich, der sie irgendwann knallhart nur noch als Geschäftspartnerin gegenüber tritt: Sie taucht Wahrheit gegen einen rettenden Meineid ... Vor allem das bekannte "Frauen-Buch" als Vorlage macht die sorgfältige Verfilmung auch abseits vom Mainstream-Kino zu einem Magneten.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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