Warum Bodhi-Dharma in den Orient aufbrach?
Korea 1990, Regie Yong-Kyun Bae
Acht Jahre benötigte Yong-Kyun Bae um das Drehbuch für "Warum Bodhi-Dharma in den Orient aufbrach?" zu schreiben, gleichzeitig Regie sowie Kamera zu führen und letztendlich auch noch den Film zu montieren.
Zeit und eine heute unübliche Hingabe verlangt das Werk auch vom Publikum und der Kritik. "Nicht widerstreben", das Motto des "Wang-lun" Romans von Alfred Döblin steht auch hier zentral. Das "Loslassen" von eingeübten Rezeptionsweisen ist nötig. Selten entzog sich ein Film derartig westlichen Analysekriterien bei einer enorm nachhaltigen Wirkung. Auch ohne geringstes Wissen über den Zen-Buddhismus ist man stark beeindruckt von den naturkräftigen Bildern, sobald man es aufgibt, sich an die Geschichte zu klammern und sich dem Fluß der Bilder hingibt. Genau wie der Zen-Schüler Kibong erst dem reißenden Strom standhält, bevor er nicht mehr widersteht, ist auch der Titel "Warum Bodhi-Dharma in den Orient aufbrach" wesentliches Element des Zen. Die Frage ist ein Koan, ein Paradoxon, das nicht die (unmögliche) rationelle Lösung zum Ziel hat, sondern nur einen Weg zur Selbsterkenntnis darstellt. Bodhi-Dharma gilt als Begründer des Zen in China und hinter dem Koan steht nicht weniger als die Frage, "Um was geht es beim Leben und beim Sterben?"
In der Abgeschiedenheit der Berge ist es vor allem Haejin, der jüngste von drei Zen-Mönchen, der neugierig Leben und Tod entdeckt. Im Schlüsselerlebnis fängt er sich einen Häher und sperrt ihn ein, wobei der Vogel in Gefangenschaft stirbt. Neben den Schrecken der Verwesung wird Haejin vom Schrei eines anderen Hähers verfolgt, bis ein anderer Umgang mit dem Tod des Meister die Erlösung bringt.
Die unbeschreiblich klaren und tiefen Bildkompositionen sind ein wichtiges Element des Films. Ebenso stark wirkt die Stille und in ihr umso eindrucksvollere Geräusche, wie Vogelschreie oder das Klingen einer kleinen Glocke. Worte sind selten zu hören und sie werden auch nicht vermißt.
Zu Recht wurde "Bodhi-Dharma" 1989 beim 42. Internationalen Filmfestival von Locarno mit Preisen überschüttet. Derweil wird Südkorea selber von Unmengen internationaler Produktionen und ganz allgemein vom westlichen Konsumrausch überschwemmt, wie die Komödie "Chilsu und Mansu" des Regisseurs Park Kwang-Su ein Jahr zuvor zeigte. Auch wenn die Namen ungewohnt klingen, wird sich bald ein weiterer Südkoreaner in Erinnerung rufen. Kwon-Taek Im wurde die Retrospektive des diesjährigen Münchener Filmfestes gewidmet und allein der Film "Sibaji - Die Leihmutter" beweist sein außergewöhnliches künstlerisches Niveau in Verbindung mit gesellschaftlichem Engagement.
Günter H. Jekubzik
Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik
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