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Vergessene Welt: Jurassic Park

USA 1997 (The Lost World - Jurassic Park) Regie Steven Spielberg, 129 Min.

"Mit Ohhs und Ahhs fängt es an, später gibt es wieder nur Rennen und Schreien."

Von Günter H. Jekubzik

Vier Jahre nach dem sensationellen Kassen-Dinosaurier "Jurassic Park" besuchen wir die Nachbarinsel des damals zerstörten Saurierparks. Hier war die eigentliche Zuchtstation der aus DNA geklonten Urwesen. Der besondere Reiz dieses neuen Abenteuers: Es gibt keine Zäune! Doch die Gefahren, in sich die dämlich naive Figur Sarah Harding (Julianne Moore) hineindrängelt, reichten auch so aus. Zusätzlich landet auf der Insel eine Truppe Großwildjäger - für wirklich großes Wild - unter der Leitung des kahlköpfigen Roland Tembo (Pete Postlethwaite). Mit modernster Ausrüstung hetzen sie bemitleidenswerte Kreaturen, wie einst weiße Jäger die Büffel im Westen der USA. Bislang kannten die Tiere keine Menschen und keine Angst. Den kleinen Sadisten, der diesen paradiesischen Zustand mit Elektroschocks verschreckt, ereilt die Strafe umgehend. Und bald finden sich Gute wie Böse in einer Gruppe mit nur einem Ziel: Rennen und Schreien!

Wieder fliegen Autos wie Spielzeuge durch die Luft, die Kampf-Echse Velicoraptor bekommt reichlich Futter, der nahende T-Rex erschüttert die Tieftöner der Kinos. Es kommt zu knackigen, sicher nicht jugendfreien Szenen, wenn Saurierkiefer Menschen mit Fernsehcrackern verwechseln. "Vergessene Welt" kommt packend eindrucksvoll und imposant daher. Doch wie so oft ist der zweite Teil auch hier ein schwächerer Aufguß: Weniger dicht, nachlässiger inszeniert und produziert. Wenig hat überlebt! Die Handlung verläuft stellenweise übel schematisch. Als wenn nur Werbung für das sicher folgende Computerspiel betrieben würde: Laufen, verstecken, laufen, verstecken, laufen ...

Doch drei Szenen sind enorm spannend - das reicht wohl schon für den Kassenerfolg. Es gibt Hochspannung mit Panoramablick auf endlos tiefe Klippen, das Leben der Hauptfiguren hängt am Hanfseil. Genau in dieser dramatischen Hängepartie hat ein deutscher Konzern seine Werbeminuten plaziert. Der berühmte Verkaufsladen, der im "Jurassic Park" schon die Produkte zum Film anpries, fiel diesmal etwas exklusiver aus: Unübersehbar wühlt sich das neue, in den USA produzierte Mercedes-Model M hochspannend in die Handlung ein. Dieser dramatische Auftritt im Zeichen eines großen Sterns auf der Kühlerhaube hängt vergleichbare Werbetricks - wie der BMW Z1 im letzten Bond - um Längen ab.

Der eigentliche Clou von "Vergessene Welt" kommt erst spät und kurz: Dinos fallen in eine amerikanischen Stadt ein! Die Action-Ideen, die in den ersten zwei Dritteln des Films dünn gesät sind, knallen jetzt in den Straßen von San Diego dicht aufeinander. Der T-Rex bedroht Menschenkinder (nachdem die Jäger sein Kleines raubten), läßt Scharen von Japanern an "Godzilla" denken und kümmert sich überhaupt nicht um Verkehrsregeln. Mit den Vorzeitwesen kommt auch das Thema Familienplanung ungeschützt von der Leinwand. Dr. Ian Malcom (Jeff Goldblum) muß sich um seine Tochter Kelly (Vanessa Lee Chester) kümmern und hat einige Probleme als sie sich auf die Dinoinsel schleicht. Die mörderische T-Rex Sippe hingegen - über deren Brutverhalten wir intensiv informiert werden -, kümmert sich rührend um ihren Kleinen. Dinosaurier sind eindeutig die besseren Eltern!

Titel und Stoff des Romans "The Lost World" von Erfolgsautor Michael Crichton greifen den bereits verfilmten Stoff von Arthur Canon Doyles, dem Sherlock Holmes-Vater, auf. Drehbuchautor und Regisseur des 2.Teams war David Koepp, ein bemerkenswerter Spielberg-Zögling. Nicht nur die Liste seiner sehr erfolgreich verfilmten Drehbücher ("Jurassic Park", "Mission Impossible", "Carlitos Way", "Der Tod steht ihr gut", "Schlagzeilen"), auch seine erste Regie "The Trigger Effect" weist auf außergewöhnliche Fähigkeiten hin.

Die Entwicklung der Computertrick-Technik zeigt sich unauffällig im "Zusammenraufen" von Menschen und digitalen Geschöpfen. (Und dies um Welten besser als in "Anaconda"!) Nicht die Vorführung sensationell gigantischer und doch natürlich wirkender Rechner-Riesen bestimmt das Bild. Das gleichzeitig Davor und Dahinter, das Herumwälzen mit nachträglich generierten Spielpartnern ist bemerkenswert in "Vergessene Welt". Selbstverständlich fehlen nicht die großen Momente der eindrucksvollen Schau riesiger Brontosaurier. Wie bemerkte es Dr. Malcom so treffend: "Mit Ohhs und Ahhs fängt es an, aber später gibt es wieder nur Rennen und Schreien."

Jeff Goldblum muß diesmal der Hauptrolle Tochter Kelly, Freundin Sarah und ein bedrohtes Ökotop retten. Er scheint als gemeinsames Element der Top-3-Blockbuster "Jurassic Park", "Independence Day" und "Vergessene Welt" auch eine Art großer Blockbuster-Retter in schwarzer Lederjacke zu sein. Es irritiert nur, daß er einmal die Welt mit Hilfe eines kleinen Apple-Laptop rettet und dann im nächsten Film mit der Technik auf Kriegsfuß steht.

John Hammond (Richard Attenborough), greiser Schöpfer und zentrale Figur des "Jurassic Park", tritt nur noch als gefährlich naiver Narr auf. Sein Plädoyer für den Erhalt natürlicher Zustande wirkt aufgesetzt - seltsam, daß der Film so eine Banalität als "Anliegen" aushängt. Wenn etwas Weiterreichendes gesagt wird, dann: "So ein Schlamassel mit diesen DNA-Spielereien; jetzt lassen wir der Natur in Ruhe ihren Lauf." Bis zum nächsten Jurassic Park-Spaziergang.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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