und der Himmel weinte ...

Von Günter H. Jekubzik

Locarno. Da war sie wieder, die Magie der Piazza Grande von Locarno. Manchmal ein Glücksfall, wenn in der Sommer die Sternenschnuppen den Himmel dekorieren. Oder eine feuchte Angelegenheit, wenn der Himmel angesichts eines amerikanischen Melodrams mit James Garner und Geena Rowlands hemmungslos weint. "The Notebook" von Nick fesselte im wahrsten Sinne des Wortes Tausende auf ihre Stühle, während der Regen auf die Piazza Grande nieder prasselte.

Zwischen den 57.Internationalen Filmfestspielen von Locarno und einem missgelaunten Wettergott stand es gestern Mittag noch 2:2. Allerdings geben die Cineasten nicht auf - die Hoffnung schwimmt zuletzt weg. Das ist auch das Motto von "The Notebook", einem der "großen" Hollywoodfilme in Locarno: Ein neuer Tag in einem Altersheim irgendwo in den Südstaaten, ein älterer Herr (James Garner) macht sich auf, einer verwirrten Dame eine romantische und dramatische Geschichte vorzulesen. Es dreht sich um die Liebe zwischen der reichen, gebildeten Allie und dem einfachen, lebenslustigen Holzarbeiter Noah. Anscheinend kann nichts die beiden stoppen, doch als Noah aus dem zweiten Weltkrieg heimkehrt, steht Allie vor der Ehe mit einem reichen Industrieerben.

"The Notebook" nach dem Roman von Nicholas Sparks erwies sich als äußerst wirkungsvolle Variante von "... und täglich weint das Murmeltier" sowie "50 ersten Liebesgeschichten". Allerdings wird man den Film nie mehr so komplett erleben können wie auf der Piazza in Locarno: Kunstvoll donnerte es am Fuße der Tessiner Alpen parallel zur Handlung, die ersten Regentropfen durchnässten das verliebte Paar, sie legten ihre Kleidung ab. Dann wurde es mit vielen Wenden immer dramatischer und der Himmel war nicht mehr zu halten. Aber niemand verließ die Piazza.

Gänzlich im Regen erlebte Locarno die Kambodscha-Reise "Dogora" des berühmten Regisseurs Patrice Leconte: Ohne Worte und bewegend begleitet von eigenständigen Kompositionen schenkte er dem Publikum wunderbare Bilder und Gesichter. Eine dokumentarische Offenbarung, bei der man sich fragt: Wozu überhaupt noch Geschichten? Vor allem, wenn sie so schematisch langweilen wie der Hollywood-Hit "The Bourne Supremacy". Franka Potentes Hollywood-Zwischenspiel wird durch einen Mord an ihrer Figur früh beendet, danach spielt Berlin eine Hauptrolle, die beste Action im Spionage-Spiel ohne Grenzen erlebt Matt Damon allerdings in Moskau. Ebenso enttäuschend der deutsche Wettbewerbsbeitrag "En Garde" von Ayse Polat: Die schwierige Jungen eines Heimmädchens ist in Ansätzen gut geschrieben, doch vor allem die Hauptdarstellerin trägt die Rolle eines hypersensiblen und gleichwohl irgendwie autistischen Mädchens nicht.

Am Rande zeigte Eva Herzogina etwas Kurzes - das ist sie aus ihrer Modell-Karriere bestimmt gewohnt. Diesmal war es nicht Wäsche sondern ein Kurzfilm, mit dem sie an die Öffentlichkeit ging. Von richtigen Stars konnte Gillo Pontecorvo, erzählen, der mit Marlon Brando den sozial engagierten "Quemada" drehte - ein Ausbruch des kürzlich verstorbenen Hollywood-Stars aus dem System, der in Locarno mit einer Sondervorführung gewürdigt wurde.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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