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Eine unwürdige Frau

("She's been away" England 1989, Regie: Peter Hall, 103 Min.)

Der englische Originaltitel "She's been away" bedeutet übersetzt "Sie war nicht da" und ist eine zynische Untertreibung dafür, daß Lillian 60 Jahre im Irrenhaus verbrachte. Auf ihr wildes und direktes Verhalten (siehe "Wish you were here") konnte in einer, auf Formen bedachten englischen Familie der 20ger nicht anders reagiert werden. Nun holt ihr wohlhabender Neffe Hugh sie nach Hause, weil die Heilanstalt abgerissen wird (Thatchers Sozialabbau läßt grüßen). Verstockt sitzt Lillian nur im Weg rum. Wenn sie etwas macht, sind es tatsächlich verrückte Dinge. Teilweise nett verrückte, die wir alle auch schon mal machen möchten und deshalb tolerieren, aber auch Verstörendes. Hughs Frau, Harriett, beginnt ebenfalls sich seltsam zu verhalten. Sind dies Begleiterscheinungen der Schwangerschaft oder reißen sie Trotz und Eigensinn der alten Frau mit? Ohne daß sich Lillian und Harriett auf einem einfachen Wege näher kommen, decken Rückblenden eine Gemeinsamkeit auf. Beiden wird die Selbstbestimmung durch Männer -hier Vater, dort Ehemann Hugh- entzogen. Unbewußt treiben sich Harriet und Lillian gegenseitig zur Gegenwehr an, "She's been away" ist auch auf ihre Flucht zu beziehen, die von einem karikaturhaft naivem Hugh nur als Entführung verstanden werden kann. Die Entwicklung hin zu einem starken Augenblick des Widerstands vollzieht der Film nicht stringent, sondern eher zerstreut, beiläufig. Er überzeugt trotz einiger grober inszenatorischer Mängel durch das preisgekrönte Spiel der beiden Darstellerinnen und die Geschichte ihrer Figuren.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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