Der Opernball - Die Opfer (Sat 1, 15.3.1998)

BRD 1998 (Der Opernball) Regie Urs Egger

Von Günter H. Jekubzik

Seine German Classics waren eher ein lauwarmer TV-Aufguß,doch jetzt produzierte Bernd Eichinger mit dem "Opernball" einenaußerordentlichen "German Grisham": Der KriegsberichterstatterKurt Frazer inszenierte den Wiener Opernball, der daraufhin auch zumSchlachtfeld wurde. Mehrere tausende Tote wandelten Wien in eineStadt der Trauer. Da der Giftgas-Anschlag auch seinen Sohn Fredtötete, stürzten sich der Reportagen-Held Frazer und seinenoch viel kaltschnäuzigere, bewundernde junge Kollegin Gabriellein die Recherche der Hintergründe. Der dichte Stoff mitBewußtsein für vergangene und aktuelle Zeitströmungenwurde reizvoll aus einer Rahmenhandlung heraus erzählt. DieSpannung baute sich mit den Vorbereitungen zu Anschlag undTV-Ereignis packend auf. Rasante, im Fernsehen ungewöhnlicheMontagen und prägnante Stile der einzelnen Ebenen kennzeichnetendieses Highlight ästhetisch.

Die reiche Palette an politischen, sozialen, historischen undmedienpolitischen Themen war zu umfangreich, um sie hier ganzerfassen zu können: Frazers schwierige Vaterschaft und einPanoptikum der Zeitwirren entrollten sich in seinen Erinnerungen.Latente Ausländerfeindlichkeit, Law-and-Order Hardliner hinterder Rechtsaußen-Kante, ein extremer Blick von Frazers Ex-FrauHeather auf Wien als eine Stadt von Nazis. Dazu Fragen über dieGrenzen der Berichterstattung und journalistische Ethik inExtremsituationen. (Das Ereignis Opernball mußte 30 MillionenZuschauer ziehen, forderte der Medienmogul im Hintergrund.)

Das alles erzählte sich auch über starke Bilder: DasEstablishment feierte, eine Demonstration geriet aus den Fugen. "Dieeinen trinken und tanzen, die anderen hungern und sterben," dochplötzlich (be-) trifft das Sterben der Welt auch diegeometrischen Ordnung aus blütenweißen Debütantinnen,eitlen Politikern und teuer eingekaufter Prominenz.

Der mit außergewöhnlich großem Aufwandinszenierte Zweiteiler "Opernball" überzeugte auch mit seinerexzellenten Besetzung: Heiner Lauterbach und Franka Potente alsengagierte Journalisten. Richard Bohringer als düstererKonzernchef und Désirée Nosbusch als extremnervöse Moderatorin.

Bei allen Qualitäten dieser Bernd Eichinger-Produktion konnteman sich fast wie im Kino fühlen. Wären da nicht dieunmäßigen Werbeeinblendungen mit den Sendezeit schindendenWiederholungen gewesen.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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