Twin Town

GB 1997 (Twin Town) Regie Kevin Allen, 99 Min.

Von Günter H. Jekubzik

Swansea ist ein verschlafenes walisisches Seebad mit allem wasdazugehört: Petula Clark schnulzt ihre Songs, freundlicheMenschen winken in die Kamera und BMWs fliegen in derAbenddämmerung über die Straßenkuppen. MuntereRentner verkaufen ihre Tabletten und hätten "gerne noch etwasmehr von den Pilzen!" Der Dichter Dylan Thomas nannte seineHeimatstadt Swansea den "Friedhof aller Ambitionen". Einer derschrägen, beschränkten Gangster aus "Twin Town" dichtetdarauf einen neuen Namen: "Pretty Shitty City" - Ganz schönbeschissene Stadt.

Produziert von den Männern hinter "Trainspotting" und"Kleine Morde unterFreunden" beginnt "Twin Town" ähnlich wie "Blue Velvet" mitfreundlich in Zeitlupe winkenden Menschen. Es gibt auch Einiges zuentdecken in dem walisischen Ort Swansea, nur gibt sich dort keinerauch nur die geringste Mühe, irgendwie eine nette Fassade zuzeigen. Die erste halbe Stunde bietet ein Feuerwerk an unglaublichenTypen. Unübertroffen dabei zeigen sich die sogenanntenLewis-Zwillinge (Llyr Evans und Rhys Ifans). Ihre Gesichter sehenaus, als hätten sie schon als Säuglinge zuviel amBastel-Klebstoff des Vaters geschnüffelt. Der aktuelleDrogenkonsum kann deshalb zum Glück keine Gehirnzellen mehrschädigen. Sie klauen im Laufe des Films einen BMW 525 (oder528?), einen AC Cobra-Nachbau, den Fiat Uno ihresBewährungshelfers, einen Hot Dog-Stand (nachdem die restlicheFamilie verstarb und sie sich selbst ernähren mußten),einen Leichenwagen (siehe "restliche Familie") und ein Motorboot.

Nach einem kleinen dramaturgischen Hänger steigern sich dieBlödheiten der "Zwillinge" und die Idiotien der anderen"Persönlichkeiten" aus Swansea zu einer tödlichenKettenreaktion. Einige Polizisten wollen großeDrogengeschäfte in dem kleinen Kaff machen, der reiche Chef vomTanz- und Football-Club spielt den Dorfpaten und die totalbedröhnten Lewis-Brüder machen einige miese Scherze zuviel.Die Racheaktionen sind dummerweise überhaupt nicht "imitalienischen Stil" und so geht eigentlich alles schief. Doch dienicht besonders vorbildlichen jungen Helden überraschen, indemsie sich plötzlich walisischen Traditionen zuwenden und guteJungs werden

Die Blödheiten der walisischen "Beavis & Butthead" sindtatsächlich "dumm unddümmer". Die eigentümlichen Bewohner des walisischenLandstriches, die im"Engländer,der auf einen Hügel ging und von einem Berg kam" so gefeiertwurden, sind nun Opfer übler Scherze. Und das nicht zu knapp. ImGegensatz zu vielen britischen Filmen gibt es in "Twin Town" keinenetten Kerle und keine ernste soziale Thematik. Auch wenn sich Autorund Regisseur Kevin Allen besonders mit der korrupten Polizeibeschäftigte, klatscht der schwarze Humor niemandem speziell insGesicht. Er überzieht alle mit seiner Bösartigkeit.

"Twin Town" ist der erste Kinofilm des Schauspielers undTV-Regisseurs Kevin Allen. Er schrieb das Drehbuch zusammen mit PaulDurden, beide verlebten prägende Jahre in Swansea . Eine sehrkonträre Mischung aus Applaus und Buhrufen provozierte "TwinTown" auf der Berlinale. Zwar sind seine kleinen Morde unter Feindennicht so drastisch dargestellt wie in den früheren Filmen desProduzententeams, aber eine Menge Leute sterben und man kann seinenSpaß daran haben. Was wiederum eine Menge Leute gar nichtwitzig finden.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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