Tanguy - Der Nesthocker

Frankreich 2001 (Tanguy) Buch und Regie: Etienne Chatiliez Mit Sabine Azema, Andre Dussolier, Eric Berger, Helene Duc 108 Min.

"Du bist so süß, du kannst immer hier bleiben ...!" Ein Satz, der jeder Mutter rausrutschen könnte. Als der zu spät geborene Nachzügler Tanguy dieses Angebot ernst nimmt, wird es erst komisch, dann dramatisch und dann bitter-schwarz. Mit 28 Jahren wohnt er noch bei den wohlhabenden Eltern Paul und Edith. Es steht ja noch eine Dissertation aus und demnächst will der brillante, hoch dotierte Sinologe 18 Monate nach Peking. Da lohnt es sich doch nicht, eine eigene Wohnung zu suchen! Bei solchen Sprüchen kämpft Edith regelmäßig mit explodierender Magensäure und wenn Sabine Azema dies spielt, sind ihr Lacher sicher. Als sich die liebenden Eltern endlich gegenseitig eingestehen, dass sie es - Tanguy - nicht mehr aushalten, gehen die Schwierigkeiten erst richtig los. Denn der Schmarotzer und hassenswerte Schnösel, der sich selbstverständlich die Wäsche machen und bekochen lässt, Mamas Auto leiht und jede Nacht eine andere Frau lautstark beherbergt, erweist sich als hartnäckig und standfest. Nun folgen heimtückische Anschläge, Lärmattacken, gar körperliche Angriffe, die im Erfolgsfall gemeine Freude bei Eltern und Publikum auslösen. Paul und Edith verjagen die flott wechselnden Freundinnen und amüsieren sich herrlich dabei. Doch der Nesthocker antwortet mit Panikattacken, die Mamas Herz wieder erweichen ...

Der neue Film von Etienne Chatiliez ("Tatie Danielle", "Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss") zeigt inhaltlich und formal deutliche Anleihen beim niederländischen Meisterwerk "Abel" von Alex von Warmerdam - selbst der Blick aus dem Fenster auf Paris, hat die gleiche Künstlichkeit wie Warmerdams Kulissen-Amsterdam. Doch im Vergleich zu "Abel" reitet "Tanguy" die eine kuriose Situation tot. Zwar eskaliert der Befreiungsversuch der Eltern, zwar geht es mal vor Gericht und dann tatsächlich in eine kleine, eigene Wohnung, doch was Neues passiert lange nicht. Erst ein zielloses, unklares Ende kann wieder überraschen, leider nicht positiv. So leidet die im Ansatz sehr treffende Gesellschaftskomödie mit ganz hervorragenden Schauspielern und gut auf Pointe geschnittenen Szenen unter einer nachlässigen Ausarbeitung des Buches.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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