Der Tango der Rashevskis

Frankreich, Belgien, Luxemburg  2003 (Le Tango des Rashevski) Regie: Sam Garbarski mit Hippolyte Girardot, Ludmila Mikaël, Michel Jonasz 100 Min. FSK ab 6      

Von Günter H. Jekubzik

Jüdisches Leben zwischen Tradition und Assimilation zeigte mit einer köstlichen Leichtigkeit die deutsche Komödie "Alles auf Zucker" von Dany Levi. Das belgisch-französische Gegenstück, auch reich an humoristischen Einsichten, dabei aber stiller, differenzierter, heißt "Der Tango der Rashevskis": Wieder muss eine jiddische Mamme beerdigt werden, schon das "Wie?" führt zum ersten Streit.

Denn die 81-jährige Großmutter Rosa zeigte zeitlebens eine Abneigung gegen Religion und Rabbis, reservierte aber ein Grab auf einem jüdischen Friedhof. Jetzt diskutieren die Kinder über die Riten und der ehemalige Gatte bleibt verbitterter in Israel. Aber diese Familie hat noch viel mehr zu bieten: Da werden anlässlich der Trauerfeier als Cousins Geliebte. Wunderbar, wenn Nina nicht seit Großmutter Tod entschieden hätte, nur noch mit Juden zu schlafen. Nun will Antoine konvertieren. Aber was wird nach der Scheidung, fragt der liberale Rabbi, der selbst nach einer Trennung am Glauben hängen blieb. Doch schon der Gedanke an Konversion hat sehr erotisierende Wirkung.

Ein Enkel Rosas liebt eine Araberin und war als israelischer Soldat in den besetzten Gebieten, worüber er nicht reden kann. Die beiden Söhne Rosas unterhalten sich immer nur am Telefon ausführlich miteinander, wenn sie nächtens gegeneinander Schach spielen. Und da ist vor allem der lebenslustige, weise und unorthodoxe Onkel, der es sich nicht verzeihen kann, seine angeheiratete Verwandte eine "Goi" genannt zu haben. Jetzt sieht er sich als Rassist!

Doch wenn nichts mehr hilft, tanzt man Tango bei den Rashevskis. Dann setzt sich auch der Architekt ans Klavier, das nach der Meinung der Eltern seine Bestimmung hätte sein sollen. Dann entsteht eine wunderbare, übergreifende Gemeinschaft in dieser gefühlvollen Komödie über drei Generationen einer jüdischen Familie, in der jeder auf seine liebenswerte Weise versucht "mensch" zu sein. "Mensch" auf jiddisch heißt es auch im französischen Original und es menschelt im besten Sinne in der anrührenden Geschichte. Denn da wo "Zucker" in die rasante Komödie ausbricht, gewinnt hier das Gefühl, im Streit und in der Liebe. Der Film gewinnt dabei einen ruhigen Fluss, wärmt mit sorgfältigen Bildern, etwa das tiefe Dunkel beim Pessachfest, aus dem die Gesichter der Familienmitglieder herausleuchten. So besucht man gerne diese Familie voller Güte und Glück. Nebenbei kann man sich Gedanken über Wege jüdischen Lebens machen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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