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Sweetheart

Fr 1992 (Toutes peines confondues) Regie: Michel Deville, 107 Min.

Ein weißes Pferd gibt es zum Anfang. Ein Auto, ein Traktor und noch ein Wagen werden schnell und ohne Unterbrechung von der Kamera verfolgt. Schon hat man etwas gesehen, ohne es zu wissen. Ein paar Einstellungen mehr und wir haben die Täter schon wieder aus den Augenwinkeln verloren. Das macht nichts, denn in diesem Krimi, der nicht nur durch den Schweizer Hintergrund an Dürrenmatts "Der Richter und sein Henker" erinnert, ist man zum Glück nicht vor überraschenden Wendungen geschützt.

Eine Geschichte des Films wäre schnell erzählt - nur welche, bei einem Ablauf mit reichlich prägnanten Nebenfiguren. Etwa die der Flughafen-Kellnerin, die meint, sie hätte nichts zu verlieren. Bis sie sich für den kleinen Gangster entscheidet und ihre kleine Rolle mit einem Übermaß Tragik ausfüllt.Oder doch die des Inspektors Vade, der im Auftrag der Interpol den Kriminellen Gardella überführen soll? Vade (Patrick Bruel) geht an den Fall heran, als hätte er mit seinen jungen Jahren alle Columbo-Folgen dreimal gesehen. Doch die wortwitzige Sicherheit seines sympathischen Charmes geht verloren, als Gardellas Frau Jeanne (Mathilda May) ins Spiel kommt. Und eigentlich ist der elegante Verbrecher mit dem stahlblauen, weichen Blick (Jacques Dutronc) viel zu interessant, um böse zu sein.

Michelle Deville gönnt in diesem äußerlich hellen film noir nicht nur verwöhnten Augen Bewegung, die das Geschehen ansonsten meist in der Bildmitte präsentiert bekommen. Er bricht auch ausgelatschte Erzählwege auf, spielt mit Farben und Erwartungen.

Gefahr ist dauernd im Verzug, doch die kribbelnden Emotionen spannen sich im hervorragend gespielten, innersten Dreieck aus Vade, Jeanne und Gardella auf.Am Ende ist das weiße Pferd an die Leine gelegt und man müßte "Sweetheart" noch einmal sehen, um zu sehen, was man gesehen hat.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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