Spider-Man
USA 2002 (Spider-Man) Regie: Sam Raimi Mit Tobey Maguire, Willem Dafoe, Kirsten Dunst 131 Min.

Die spinnen, die Amis ...

Viele ernst zu nehmende Regisseure sagen, mit "Star Wars" wurde in den Siebzigern das Kino an die Kids verraten. Die großen Studios hätten diese Schicht als wichtigste Käufergruppe entdeckt und seitdem tummeln sich die meisten Filme auf Schulhof-Niveau herum. Da geschieht es George Lucas ganz recht, dass er von den Geistern, die er rief, nun selbst gequält wird. Alle Welt rechnet die Boxoffice-Zahlen von "Spider-Man" zu denen von "Star Wars - Folge 2" auf. Dabei erwähnt niemand, dass von den Leuten, die zu den Rekordzahlen am ersten Wochenende beitragen, keiner den Film kannte. Bewertet wird also nur die Werbekampagne und die brutale Platzierung des erzwungenen Erfolges in allen Kinos.

Auch "Spider-Man" erzählt nicht mehr als die Allmachts-Fantasie eines einsamen Außenseiters seiner Schulklasse. Peter Parker (Tobey Maguire) fällt nicht auf, höchstens ungeschickt auf die Nase. Bis ihn eine gen-manipulierte Spinne zwickt. In der Folge wachsen ihm Haare an seltsamen Stellen, sein Körper verändert sich und er verspritzt milchige Flüssigkeiten. Dass es sich dabei um die Anzeichen der Pubertät handelt, ist einer der Scherze, mit dem der Film die Handlungspausen überbrückt. Tatsächlich wird Peter zum Superhelden und die Selbstverständlichkeit, mit der er diese Rolle annimmt, lässt vermuten, "Superheld" ist in den USA neben Rechnen und Chemie ein Pflichtfach!

Bemerkenswert bei dieser Verfilmung des bekannten, gleichnamigen Comics ist der Hintergrund idealer Lebenswelten: Von dem heimeligen Häuschen der Pflegeeltern bis zum pulsierenden Moloch New York bieten Innen- und Außen-Architektur mehr Konturen als die Figuren. Ein Bilderbuch der Stadtfassaden - so macht "Spider-Man" am ehesten Sinn. Der blasse Tobey Maguire ("Gottes Werk und Teufels Beitrag") ist die ideale Identifikationsfigur für Millionen junger Kunden. Auch Kirsten Dunsts Mädel, dass aus Geldsorgen schlechte Jobs und miese Kerle akzeptiert, bleibt überraschend uninteressant. Ganz anders dagegen Willem Dafoe als gespaltener Charakter und dämonischer Schurke: Seine Begegnung mit der dunklen Seite seines Ich im Spiegel ist ein Kabinettstückchen, das nur richtige Schauspieler hinkriegen.

Dass der sehr talentierte Sam Raimi ("Armee der Finsternis") nach exzellenten Horrorfilmen dieses Kassen-Kalkül als Höhepunkt seines Schaffens bezeichnet, ist einer der schlechteren Witze dieses Films. Während der Handlungsfaden nicht besonders kunstvoll gestrickt wurde, kann man sich ganz auf die Spannung des atemberaubenden Geschlingers durch Hauserschluchten verlassen. Hier hat der Film Tempo und (räumliche) Tiefe, hier kann er bewegen - zumindest Kamera und Hauptdarsteller ...


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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