Solaris

USA 2002
Regie: Steven Soderbergh
Buch: Steven Soderbergh nach einem Roman von Stanislaw Lem
Darsteller: George Clooney (Chris Kelvin), Natascha McElhone (Rheya Kelvin), Jeremy Davies (Snow), Viola Davis (Helen Gordon), Ulrich Tukur (Gibarian)
Länge: 99 Min.
Verleih: 20th Century Fox
Kinostart: 6.3.2003

http://www.solaristhemovie.com

Das Erfolgsteam Soderbergh/Clooney macht auch aus dem von vielen verehrten und in der langsamen Tarkowskij-Verfilmung gefürchteten Science Fiction "Solaris" einen anspruchsvollen und hitverdächtigen Film der besonderen Art.

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Alleskönner Steven Soderbergh nimmt sich nach dem Fluchtromanze "Out of Sight", dem Justiz-Star "Erin Brockovich", dem Gangster-Ausflug "Oceans Eleven" und dem Low-Budget "Full Frontal" nun Stanislav Lems bekanntestem Roman "Solaris" aus dem Jahre 1961 an, der bereits von der sowjetischen Regielegende Andreij Tarkowskij 1972 filmisch erforscht wurde. Soderberghs Dauerstar und Produktionspartner George Clooney spielt die Hauptrolle als zweifelnder Nihilist. Da prallen Welten aufeinander - mit faszinierenden Ein- und Ausblicken.

Der Psychologe Chris Kalvin (George Clooney) verlässt nach einem mysteriösen Notruf die verregnete Erde zur Raumstation, die um Solaris kreist. Dort findet er Blut, Leichen und zwei Überlebende, die sich seltsam verhalten. Was hier oben wirklich passiert, erfährt Chris in seiner ersten Nacht an Leib und Seele: Nach einem sehnsuchtsvollen Traum liegt seine Frau neben ihm - Rheya, die vor mehreren Jahren auf der Erde gestorben ist!

Sie (Natascha McElhone) lächelt ihn glücklich an, hat keine Erinnerung an Tod oder Trennung. Auch die anderen Raumreisenden kennen solche Begegnungen. Der in einem Meer aus Lichtbögen und Farbräuschen pulsierende Solaris reagiert anscheinend auf die Astronauten und schickt ihnen "Besucher". Die vermisste Frau, den Bruder oder den Sohn von der Erde, egal wo sie leben oder gar schon tot sind.

Diese Erscheinungen sich selbst ein Rätsel, und noch mehr dem nüchternen Nihilisten Chris. Die am leuchtenden Horizont auftauchenden Fragen sind Legion: Wollen die Besucher Gutes oder Böses? Sind wir vielleicht auch nur Verkörperungen des Willens eines anderen? Nur Marionetten, um es romantisch zu sagen? Dem sehnenden Mann Chris ist dies letztlich egal. Ihm genügt, seine Frau Rheya wieder bei sich zu haben. Eines der überraschenden (Denk-) Angebote des Films lautet: "Es gibt keine Erklärungen, nur Entscheidungen."

"Solaris" fasziniert nicht nur als Science Fiction und als gattungs-philosophischer Exkurs, es ist auch ein Liebesfilm um einen langen Abschied mit bitterem Happy End. "Though lovers be lost love shall not" - Zeilen aus dem Dylan Thomas-Gedicht "And death shall have no dominion" stehen am Anfang und Ende dieser endlosen Liebe. Ob so etwas möglich ist, entscheidet sich bei einer alten Frage aus Hamlet, "Matrix" oder Spielbergs "AI": Grausame Realität oder sanfter Traum? Wachen oder Schlafen? Die blaue oder die rote Tablette?

In seinem ruhig fließenden Rhythmus und mit der Musik ist "Solaris" sehr nahe am Gefühl des letzten Teils von "2001". Von technischen Spielereien hält sich der Film fern, überlässt die Zukunft den Raumausstattern mit der Direktive: "Hauptsache, es sieht cool aus!" Darin liegt das große Plus aller Soderbergh-Filme, von den besten bis zu den nicht ganz genialen: Man kann sie sich immer gut ansehen, einfach weil seine Bilder perfekt gestylt, kraftvoll, ein Genuss sind.

Soderbergh gelingt erneut, die Quadratur des Boxoffice: Hochkomplexe Gedankenspiele, philosophische, auch vierzig Jahre nach Entstehung des Lem-Romans noch spannende Fragen, verbindet er mit Schauwerten, die das große Publikum ins Kino locken. Clooney versprüht seinen Charme vor allen in Träumen von einer glücklicheren Zeit, zeigt viel nackten Körper, während der seiner Partnerin ausnahmsweise im Hintergrund bleibt. Diese Sequenzen sind im Gegensatz zu der blau-grauen Realität in warmes Braun getaucht. Natascha McElhone begeistert zwar nicht mit begnadetem Schauspiel, doch ihre umstrittene Ausstrahlung, die übergroßen (Kuh-) Augen passen zum Fleisch gewordenen Rätsel zwischen großer Liebe und fremdem Wesen. Ganz überraschend taucht der deutsche Bühnen- und TV-Star Ulrich Tukur ("Bonhoeffer") in diesem internationalen und hochkarätigem Film aus dem Reich der Toten auf und lässt schön viel Akzent hören.

Dieses Paket aus Science-Fiction und Philosophie, aus Kult und knackigem Clooney-Hintern verspricht für die Berlinale und die bald folgende Kinoauswertung große Aufmerksamkeit.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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