Sehnsüchtig

USA 2004 (Wicker Park) Regie: Paul McGuigan mit Josh Hartnett, Rose Byrne, Diane Kruger 115 Min.

Romantrick

Hollywood-Remakes von europäischen Meisterwerken erfahren nur Verachtung - meist zu recht. Wenn Stephen Kind das "Hospital" eines Lars von Trier entgeistert, wenn Dennis Potters geniale BBC-Serie "The Singing Detective" in Kurzfassung vergeigt wird, dann leidet jeder Filmliebhaber. Die vertrackte Romantik von "Sehnsüchtig" erweist sich allerdings als die Ausnahme der Regel.

Nachwuchs-Liebhaber Josh Hartnett gibt den ernsten, jungen Matthew mit kleinen, zusammengekniffenen Augen und schwere Brauen. Kurz vor der Hochzeit meint der Fotograf - mit Karriere in der Firma seines zukünftigen Schwagers - im Restaurant Belluccis seine alte Liebe zu sehen. Er eilt mysteriösen Hinweisen hinterher, schnüffelt in einem Hotelzimmer herum, spioniert einem Liebhaber nach und erinnert sich wie in Trance an eine wunderbare Zeit und ein dramatisches Ende mit der Tänzerin Lisa ("Helena" Diane Kruger). Die gemeinsame Zukunft zerbrach aus Gründen, die wir wie in einem Krimi erst mit und mit erfahren dürfen. Immer näher kommt Matthew der Verschwundenen, nur noch ein Vorhang trennt sie (und jeder MUSS an Hitchcock denken). Der Sehnsüchtige schiebt ihn beiseite und steht einer anderen gegenüber. Eine Welt bricht zusammen, alles ist egal und so schläft Matthew eher willenlos mit Alex (Rose Byrne). Dass diese ausgerechnet der große Schwarm seines besten Freundes Luke (Matthew Lillard) ist, stellt nur die Spitze eines Eisberges dar: Schicksalhafte Begegnungen sind gar nicht so zufällig wie sie scheinen ...

Man merkt es direkt: Dieser Film gewann seine Inspiration nicht alleine in Hollywood. Die Ästhetik erlaubt sich absichtliche Unschärfen, eine halluzinatorische Musik begleitet Lichtreflexe und Spiegelungen, die immer auf andere Perspektiven hinweisen. Später sehen wir die Handlung rund um Matthew aus anderen Blickwinkeln, verstehen immer mehr von einem atemberaubenden, mehr verzweifelten als diabolischem Drama.

"Sehnsüchtig" ist das Remake der französischen Amour Fou "L'appartement" mit Romane Bohringer (Alice/Alex), Vincent Cassel (Max/Matt) und Monica Bellucci (Lisa), nach der dann auch das Restaurant benannt wurde. Und dieser Einfluss tut gut: Man merkt, dass nicht alles sklavisch der Handlung dient. Es fließt ein verträumter Rhythmus, die reichlich von Matthew geschluckten Reisepillen sind nur die Erklärung, nicht der Grund.

Dieser reizvolle Stil bestimmt die romantische Suche, die paar Tage Auszeit vom normalen Leben. Bevor dann das ganz gemeine, grausam kalte Liebesspiel voll zupackt und die "Sehnsucht" bis zur von Coldplay begleiteten Erlösung ganz schön zappeln lässt. Dabei spielt der Film trotz Spannung und raffiniert konstruiertem Buch immer noch mit kleinen Hinweisen (Drake Hotel, Lady Dragon Shoes), lässt Matthew statt in China im chinesischen Laden des Freundes landen und baut sogar die Schuhszene von Aschenputtel ein.

Hollywood-Schwarm Josh Hartnett steht die Rolle des blind Sehnsüchtigen sehr gut. Das deutsche Ex-Modell Diane Kruger ("Troja") wirkt aus der Ferne besser als mit viel Text, vor allem ist die Synchrostimme (ihre eigene?) sehr schlecht. Doch mehr zu sagen hat sowieso Rose Byrne als Alex, die mit einem Shakespeare-Monolog aus tiefstem Herzen eines der vielen Glanzlichter dieses faszinierenden Films setzt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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