Der Schätzer

Kanada 1991 (The adjuster) Regie: Atom Egoyan, 102 Min. Cinemascope

In der Reihe der faszinierend kunst- und beziehungsreichen Filme ("Die nächsten Angehörigen", "Familienbilder", "Traumrollen" waren im ZDF bzw auf 3Sat zu sehen) von Atom Egoyan ist "Der Schätzer" der erste, der in unsere Kinos kam. Auf mehreren Ebenen wird ein pessimistisch-witziges Bild einer verlorenen Gesellschaft entworfen. Im Mittelpunkt und immer dort, wo es gebrannt hat, steht der Versicherungsangestellte Noah Render. Eifrig bemüht er sich, den Wert eines Lebens zu schätzen und zu ersetzen. Während Noahs Einsatz weit über die allein materielle Hilfe hinaus geht, bestehen sein Heim (ein Musterhaus mit Buchwand-Kulissen) und seine Familie aus Schein. Diese Illusion zieht ein weiteres Ehepaar an, das mit Inszenierungen in der Öffentlichkeit ihr Sexualleben bereichert. Die fragmentarisch und szenisch aufgebaute Handlung zu verraten, würde dem "Schätzer" viel Witz nehmen. Als typischer Egoyan-Film werden wieder die Familienbilder zerrüttet und der verrückte Medienblick in einer absurden Welt gezeigt. Die Sehnsucht nach "Armenien" scheint hingegen verloren: In diesem neuesten Film des armenisch-ägyptisch-kanadischen Regisseurs werden Bilder einer vorexilanten Vergangenheit nur noch verbrannt. Aber immer noch sind Egoyans Filme ideenreich, intelligent durchkonstruiert und trotzdem bei allen unterhaltenden Einfällen äußerst informativ hinsichtlich der Welt vor (oder hinter) der Kinotür.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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