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Eine Geschichte über den Wind

Joris Ivens wurde 1898 in den Niederlanden geboren und ist damit beinahe so alt wie die Geschichte des Films. Mit Erinnerungsfetzen seiner Kindheit beginnt "Une histoire du vent". Der Wind treibt die schweren Mühlenflügel an, "in einem Land, wo die Menschen schon immer versucht haben, das Meer im Zaum zu halten und den Wind zu meistern." Ein Junge wartet im kleinen Holzflugzeug, das ihn durch die Luft in die Ferne tragen soll. Ivens filmische Lebensreise brachte ihn immer dorthin, wo ein linker Dokumentarist wichtige Veränderungen beobachten konnte. Indonesien, Chile, Cuba, Vietnam und Laos sind nur einige der Stationen, die ihn als engagierten Weltbürger zeigten. Die Hoffnung auf bessere Gesellschaften wehte den wahrheitssuchenden Dokumentaristen zu den Revolutionen dieses Jahrhunderts. Dem Elend der Kohlenarbeiter der Borinage schenkte er die gleiche Aufmerksamkeit wie den KämpferInnen im spanischen Bürgerkrieg. In seiner Heimat blieb solchem Engagement lange die international bereits erfolgte Anerkennung vorenthalten.

In seinem letzten Werk "Eine Geschichte über den Wind" begibt sich Joris Ivens nach China, um den Wind mit der Kamera einzufangen. Die Reise des alten Mannes mit seiner schneeweißen Mähne führt zu einem Taiji-Meister, Künstler in der Beherrschung des Atems. Von einer chinesischen Legende springt die Geschichte zum Mond, Ivens belebt die berühmte steinerne Armee und läßt dabei schelmisch die magische Kraft des Films durchblicken. Nur der Wind läßt sich nicht vom ansonsten allmächtigen Regisseur dirigieren. Erst eine Zauberin macht ihn im Tausch gegen zwei Ventilatoren gefügig. Und auch der eigene Atem verweigerte sich dem lebenshungrig wirkenden Asthmatiker. Die Krankheit verlangsamt seine Bewegungen im Film, ein Zusammenbruch Ivens unterbricht die Dreharbeiten. Am Ende, nachdem der Wind aufgerufen, auf Zelluloid gebannt und wieder besänftigt wurde, verläßt die filmische Legende in einer ergreifend prophetischen Aufnahme seinen Regiestuhl, um nicht wiederzukehren.


Eine Kritik von Günter H.Jekubzik

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