Pearl Harbor

USA 2001 (Pearl Harbor) Regie Michael Bay, 183 Min.

Und es hat Bumm gemacht ...

Praktisch: "Pearl Harbor" bietet gleich drei Filme in einem - lang genug ist er ja. Da gibt es in der ersten Stunde eine Liebesgeschichte um den übermotivierten Flieger Rafe McCawley (Ben Affleck) und die Krankenschwester Evelyn Johnson (Kate Beckinsale). Dann kommt der laute Teil, ein durchgeknalltes Feuerwerk, und in der dritten Stunde wird das Märchen erzählt, die Niederlage von Pearl Harbor sei eigentlich ein Sieg für die Amis gewesen. Schade, dass man für das ganze Paket bezahlen muss. Dramaturgisch hängt der Film ewig lang Wäsche auf, die dann eindrucksvoll von japanischen Flugzeugen verweht wird. Es ist wie bei der Titanic und nicht nur in Bezug aufs überlange Vorspiel.

Das Spektakel geht lustig los: Mit flottem Swing und knackigen Krankenschwestern macht "Pearl Harbor" Stimmung für den Krieg, ganz wie in Deutschland 1914. Die letzte Nacht vor dem Einsatz hat den Hauptzweck, Frauen rumzubekommen. Ben Affleck gibt einen tollen Clown, rennt sich bei der schönen Krankenschwester Evelyn die Nase ein und macht dann auf charmanter Romantiker. Aber am liebsten lässt der freiwillige Idiot sich doch im Luftgefecht umbringen. Die zurückgelassene Liebe wird drei Monate später vom besten Freund Danny (Josh Hartnett) geschwängert. Für echte Freunde kaum ein Problem, selbst als der Totgeglaubte wieder auftaucht. Bleibt nur die Frage, wen das Drehbuch abschreibt und fallen lässt: Den großen Star oder den hübschen Nebenbuhler und -darsteller Danny/Josh Hartnett?

Es ist eines der größeren Traumata der USA, wie die militärischen Hawaii-Urlauber auf Pearl Harbor 1941 beim Sonnenbaden und Zähneputzen von japanischen Bomben kalt erwischt wurden. Diesmal versinkt nicht nur eine Titanic, "PH" toppt das Vorbild mit zig Kriegsschiffen und Tausenden sterbender Menschen. Und bei den Untergangsbildern, bei den furchtbaren Bilder des Sterbens hat er zynischerweise seine großen Momente, während einen die ganze Knallerei kalt lässt. (Hinweis an Filmproduzenten: Wir hätten auch noch die Grauen des Falkland-Krieges, die sich zu Geld machen ließen.) Aber man bekommt tatsächlich was für die vielen Produktionsmillionen: Alles ist in "PH" aufwendig inszeniert, dicke Romantik, grandiose Zerstörung, üppiges Sterben. Bei so genannten "hyperrealistischen" Luft- und anderen Kämpfen fliegen Trümmer, Torpedos und Körperteile mit Formel 1-Sounds haarscharf an der Kamera vorbei. Die Bilder wurden extrem dicht und detailliert voll gepfropft. Erst die DVD wird zeigen, wie liebevoll und sorgfältig dabei Mensch und Material zerlegt werden.

Nach einer Stunde teurem Fleddern beginnt die Geschichtsklitterung: Die Japaner haben nicht wirklich gewonnen, es war ihr größter Fehler, sich mit den großen, mächtigen USA anzulegen! Der Wendepunkt ist ein ziemlich kläglicher Angriff auf ein paar japanische Fabriken. Ganz so als würde sich Schalke auf dem Bolzplatz gegen Schulmannschaften von der Meisterschaftsschmach rehabilitieren. Dabei wird auch noch die Kamikaze-Idee schamlos von den Japanern geklaut. Zum Glück gibt es immer nur kleine Häppchen Weltpolitik dieser Art. Hintergründe und Zusammenhänge bleiben rudimentär.

Tapferkeit, fröhlicher Selbstmord, sinnlose Rache, elendes Pathos und ansatzweise Faschodenken - das alles bietet diese Disney/Navy-Produktion wie erwartet: Was uns nicht alle tötet, macht den Rest hart. (Die Auslandsfassung soll uns übrigens die letzte Ladung Pathos ersparen.) Aber auch ziemlich viele Explosionen pro laufendem Filmmeter machen diese Kinokarte zu einem besonderen Angebot.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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