Nicht von dieser Welt

Italien 1999 (Fuori dal mondo) Regie Giuseppe Piccioni, 100 Min. FSK ab 12

Sensibles Film-Wunder von Mailand

"Nicht von dieser Welt" zu sein, das wird schnell den Frauen nachgesagt, die sich für ein anscheinend weltfremdes Leben als Nonne entscheiden. Wie man auf andere Weise außerhalb der Welt oder des Lebens stehen kann und wie man mit etwas Glück wieder hinein findet, das zeigen die drei eng verbundenen Geschichten einsamer Menschen in diesem sensiblen, gehalt- und humorvollen Kinoerlebnis.

Die junge Schwester Caterina (Margherita Buy) steht elf Monate vor ihrem endgültigen Gelübde zu Gott. Sie ist von ihrer Wahl überzeugt, auch wenn die Ordensmutter angesichts einer energischen Entschlossenheit, in Südamerika helfen zu wollen, Zweifel anmeldet. Doch erst als ein Unbekannter Caterina ein Neugeborenes in den Arm legt, verschwimmt ihr klares Lebensziel. Die junge Nonne versucht, die Mutter ausfindig zu machen und findet anhand des Pullovers, in den das Kind gewickelt war, den Inhaber einer Chemischen Reinigung. Ernesto (Silvio Orlando) steht ebenso einsam in dieser Welt wie Caterina. Der Misanthrop bleibt beim Lachen seiner Angestellten außen vor und bei seinem Eintritt erstirbt es immer sofort. Herzprobleme quälen ihn bei äußerlich bester Gesundheit. Für den Besorgten sind alle Menschen gleich: Fremd und namenlos wie auf den Firmen-Gruppenfotos, zu denen der Film seine Randfiguren immer wieder zusammenfasst. Während Caterina und Ernesto gemeinsam nach der Mutter suchen, irrt eine junge Frau suchend durch Mailand, flieht ihr altes Kinderzimmer, kontaktiert vergeblich einen Freund.

Die mit fünf italienischen Filmpreisen ausgezeichnete warmherzige Geschichte wurde wegen ihrer einfühlsamen Zeichnung nicht nur in Italien begeistert aufgenommen. Von Aus- und Aufbrüchen erzählt sie, aber auch von einer Durchdringung der Welten. Denn Ernesto ist ebenso "Nicht von dieser Welt" wie Caterina. Im Gegensatz zu seinen einsamen Mahlzeiten in der zu großen Wohnung wird die Speisung von Obdachlosen, zu der er an der Seite Caterinas eher zufällig kommt, zu einem gemeinsamen Mahl, zu einer Kommunion. Die Reinigung - der Kleidung auf chemische Weise - ist sein Geschäft, die Reinheit von Herz und Seele beschäftigt Caterinas Orden.

Diese reichhaltigen Assoziationsangebote verknüpft Regisseur Giuseppe Picciono mit einer sensiblen Geschichte, der man gerne folgt. Anfangs findet sich selten ein Lächeln, dann macht es zunehmend Freude, diese Menschen zu begleiten und irgendwann ist wieder Hoffnung da, hinter einem hellen Lachen. Im Zusammenspiel mit der eindringlichen Musik Ludovico Einaudis gewinnen Alltagsszenen eine tiefe Emotionalität. Kleine Gesten, wenn etwa Caterinas Mutter bei einer leichten Berührung erschrickt, erzählen mehr über Befindlichkeiten und Beziehungen als eine in vielen Filmen verbreitete Geschwätzigkeit. Es ist ein schöner Weg von den einsamen Mensch, die still in der Menge unterzugehen drohen, bis zum offenen Ende. Und er führt mitten durch diese Welt.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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