The Million Dollar Hotel

BRD/USA 2000 (The Million Dollar Hotel) Regie Wim Wenders, 118 Min.

"The Million Dollar Hotel" spielt im Los Angeles des Jahres 2001. Der Himmel über L.A. ist blasser als der über Berlin und der amerikanische Wenders ist banaler als der frühere. FBI-Agent Skinner (Mel Gibson), die "personifizierte Steifheit", soll im heruntergekommenen Million Dollar Hotel den Tod des Junkies Izzy ergründen. Izzy hieß eigentlich Israel Goldkiss (Tim Roth) und fiel vom Dach des Hotels oder wurde herunter gestoßen.

Für Skinner, Spitzname "Frankenstein" aufgrund seines versteifenden Rückenkorsetts, sind alle schuldig und auf der Suche nach Wahrheit überschwemmt er das Hotel mit Chaos. Derweil versuchen die Bewohner aus dem wachsenden Medienrummel Profit zu schlagen, in dem sie die Teerkunstwerke Izzy an den Kunsthändler bringen. Es ist eine schillernde Sammlung schräger Figuren in dieser verwanzten Absteige: Das John Lennon-Imitat Dixie behauptet es hätte als fünfter Beatle all deren Songs geschrieben. Die verstörte Eloise (Milla Jovovich) meint, sie sei nur eine Fiktion und deshalb könne ihr niemand etwas anhaben. Aber der quirlige, allgegenwärtige "Idiot" Tom Tom (Jeremy Davies) hat sich längst in diese Jungfrau Maria verliebt. Was ihn nicht davon abhält, weiterhin für alle den Clown und den Special Agent-Imitator zu machen.

Das Ganze entwickelt sich nie dicht oder zügig, wird angespielt, während der Film dann auf einer anderen Ebene weiter läuft. Neugierig streunend lässt er sich auf die Atmosphäre dieses Narrenkäfigs ein, legt - unterstützt von der Musik - ein paar gute Bilder hin. Die Zeit vertreibt sich derweil mit zwei unschuldigen Kindern beim Liebesspiel. Dabei wird`s dann einfach langweilig und läuft im Blues aus. Man sollte sich vielleicht auf den Soundtrack beschränken. Der Himmel über L.A. ist blasser als der über Berlin und der amerikanische Wenders ist banaler als der frühere.

Der Rheinländer Wenders, der angeblich international soviel mehr geschätzt wird als in Deutschland, legte seine 20. Regiearbeit hin. Diese Filme zeichneten sich auch immer durch exzellente Soundtracks aus. Neulich gab er den Jungs einer kubanischen Rentnerband mit dem gegen jede Authentizität imprägnierten "Buena Vista Social Club" noch mal einen Verkaufsschub. "Lisbon Story" war ein wunderbares Video um den verzaubernden Ethnopop der portugiesischen Truppe "Madredeus" und Lou Reed oder U2 sind eigentlich immer dabei. Jetzt ließ Wenders in einer langen und eifrig kolportierten Entstehungsgeschichte deren Kopf Bono auch an der Story mitkomponieren. Für sein Video "Where the Streets have no name" stand Bono erstmals auf dem Dach des Million Dollar Hotel. Der Autor Nicolas Klein zündete mit einer Zeile den Initialfunke: "Nachdem ich gesprungen bin, wurde mir klar ..." Und Wenders kam erstmal als "Drehbuch-Doktor" hinzu.

Finanzierungsschwierigkeiten verzögerten das Projekt, das zwischendurch als "The Billion Dollar Hotel" auch mal ein Science Fiction war,  immer wieder. Als Intermezzo realisierte Wenders mit Nicholas Klein "Am Ende der Gewalt". Wenders, der mit "Hamet" so unter Hollywood gelitten und sich mit "Der Stand der Dinge" so bitterlich beklagt hatte, kommt inzwischen ganz gut drüben zurecht. Seine Etats sind nicht die von Petersen oder Emmerich, doch er kann mit Stars wie Mel Gibson, Andie MacDowell oder Bill Pullman drehen. Was seinen Filmen nicht unbedingt gut tut: Er findet immer mal wieder so gute Bilder wie früher, auch die Gedanken über Medien und "Wirklichkeit" tauchen immer mal wieder auf. Doch überzeugt hat er lange nicht mehr: "Am Ende der Gewalt" war im besten Falle rätselhaft, nicht leicht zu entschlüsseln. So muss man auch bei dieser Story von Außenseitern, diesen Trip in Randbezirke, die von Reagans Kürzungen im Sozialetat geprägt wurden, lange erfolglos über den Sinn grübeln. Aber vielleicht ist ja die Berlinale schuld, die den Wenders als Eröffnungsfilm zeigt. Wann gab es je eine gute Berlinale-Eröffnung?


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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