Millions

Großbritannien 2004 (Millions) Regie: Danny Boyle mit Alex Etel, Lewis McGibbon, James Nesbitt 99 Min. FSK ab 6

Boyle is back. Zwischen seinen genialen Streichen wie "Trainspotting" lassen durchschnittliche Projekte wie "The Beach" oder "28 Days Later" vergessen, was dieser schottische Regisseur kann. Mit dem witzigen, heiligen, kriminellen Kinder-, Erwachsenen-, Spaß- und Nachdenkfilm "Millions" überrascht er so wieder einmal.

Es könnte furchtbar rührselig sein: Die Mutter ist tot, der Vater (James Nesbitt) zieht mit seinen Jungs, dem achtjährigen Damian (Alex Etel) und dem zwei Jahre älteren Anthony (Lewis McGibbon) in eine sterile Neubausiedlung, um den Erinnerungen zu entfliehen. Doch Anthony entdeckt sehr schnell, dass nach dem Hinweis "Unsere Mutter ist tot" Erwachsene immer gerne Süßigkeiten spendieren. Gleichzeitig komisch, rührend und besinnlich gestaltet sich das weitere Abenteuer von Damian und seiner Umgebung. Als der kleine Heiligen-Fan gerade mit einer eingebildeten Heiligen in seinem Versteck einen Joint raucht, fliegt ihm von der vorbeirasenden Bahnlinie eine Nike-Tasche mit Geldbündeln zu. Mit vielen Geldbündeln!

Nun ist "Millions" Fiktion pur, was man nicht so sehr an den vielen Heiligen, die durch die Komödie wandeln, erkennt. Boyle Meisterstückchen hat eine viel gewagtere Prämisse: Der Euro zieht in England ein! So bleiben den Brüdern kurz vor Weihnachten nur ein paar Tage, das Geld los zu werden, denn die Pfundnoten müssen alle in Euro umgetauscht werden.

Damian bekommt Ratschläge von Franz von Assisi, wie sie das Geld verteilen können. Mit St. Nikolaus stopft er es in die Briefkästen von Mormonen, die plötzlich ihren spartanischen Lebensstil ablegen. Bettler werden zum Essen eingeladen und trotz einiger Gegenschläge behält Damian seine gutherzige Einstellung. Der größere Bruder Anthony schafft sich dagegen Fahrradchauffeur, Groupies und Bodyguards an. Die Schulgemeinschaft der "Allerheiligen-Schule" entwickelt sich dadurch zum Mikrokosmos des modernen Kapitalismus. Bis eine bedrohliche Gestalt auftaucht, die Geld sucht und ein Mitschüler packend die Geschichte eines großen Zugrauben erzählt ...

Angefangen mit einer witzigen Animation zum Bau des neuen Heims steckt "Millions" voller genialer Bilder, Tricks und toller Ideen. Ein ungewöhnlicher Filmspaß mit einer tollen Geschichte drin. Denn Damians angeborener Idealismus hat es schon schwer in einer leicht seltsamen Welt. Doch bevor es ins Moralische anderer Familienfilme abrutschen könnte, dreht Boyle immer rechtzeitig mit einer skurrilen Wendung ab. So lautet der erste Rat von Damians Mutter aus dem Himmel, er solle mehr Konditioner fürs Haar nehmen, das sei das Wichtigste!

Im Gegensatz zu anderen Sozialdramen aus England darf der Vater viel Spaß mit der freundlichen Dame von der Schule haben, die Moral hat auch Herz und Humor steckt in jeder Szene. Nur Fans von Boyles schwärzeren Filmen werden zu viel Gutmenschentum am Ende bemängeln.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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