Little Buddha

Regie: Bernardo Bertolucci, 140 Min CinemaScope

Die Suche nach der Wiedergeburt des Lama Dorje führt den Buddhisten Lama Norbu in die amerikanische Stadt Seattle. Der achtjährige Jesse Konrad besteht unauffällige erste Tests mit erstaunlicher Sicherheit. Den buddhistischen Mönchen begegnet er offen und folgt fasziniert der Lebensgeschichte von Prinz Siddhartha, der nach langer Askese und Suche zu Buddha, dem Erleuchteten wurde. Jesse Eltern begegnen der Vorstellung, ihr Sohn solle die Wiedergeburt eines hohen buddhistischen Lehrers sein, erstaunlich gelassen. Die Widerstände gegen eine Reise nach Buthan im Himalaya gibt Jesses Vater allerdings erst auf, als seine Firma bankrott ist und sein Chef kurz darauf tödlich verunglückt. Auf dem Weg nach Buthan, aufgelockert durch die Weiterführung der Geschichte Siddharthas, trifft Jesse die beiden anderen Kandidaten für Lama Dorjes Reinkarnation.

Bei seiner Faszination, bei seiner fesselnden Geschichte und den wunderbaren Bildern ist Bertoluccis Film zudem sehr überzeugend. Er läßt keinen Zweifel an der Möglichkeit von Wiedergeburt. Die Thematik der Reinkarnation wird dabei vielfältig reflektiert: Im Gleichnis von Tasse und Tee, die Hülle und Seele repräsentieren oder in den vielen Tonschalen des Films. Der italienische Regisseur, der seit 1961 so großartige Werke wie "Der letzte Tango in Paris", "1900" oder "Der letzte Kaiser" schuf, baut deutlich Gegensätze zwischen dem kalten blauen Licht Seattles, seiner Glas- und Steinbauten ohne Pflanzen, sowie der rötlich beleuchteten asiatischen Welt des Geistes auf. Für jeden Moment, der schiefgehen konnte, fand Bertolucci eine bestechende Lösung, nie verläßt er sich auf Banalitäten, modernste Filmtechniken nutzt er unauffällig zur Realisierung von Träumen und alten Mythen.

Keanu Reeves ist als Prinz Siddhartha unglaublich schön und kaum wiederzuerkennen.

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Klenkes

"Little Buddha" von Bernardo Bertolucci

Harry van Leuken

"Little Buddha" bietet mit einem 'Big Budget' von 25 Millionen Dollar 140 Minuten lang eindrucksvolle Momente, Spannung um seinen Ausgang und eine nette Einführung in den Buddhismus. Den neunjährigen Jesse Konrad suchen im amerikanischen Seattle die Mönche eines fernen buddhistisches Klosters auf. Sie vermuten in dem Jungen die Wiedergeburt ihres verehrten Lama Dorje. Nach einem gemeinsamen (Kennen-) Lernprozeß, in dem Lama Norbu die Erleuchtungs-Geschichte Buddhas erzählt, sind Jesses Eltern bereit, ihren Sohn ins Himalaya reisen zu lassen. Dort wird er mit zwei weiteren möglichen Reinkarnationen Lama Dorjes zusammentreffen.

Dies alles mögen Beleuchtete in Sachen Buddhismus als naives Märchen betrachten. Bertolucci erzählt seine Geschichte in sich sehr schlüssig und weniger verschlossen als der Zen-Buddhismus-Film "Warum Bodhi-Dharma in den Orient aufbrach?". Der italienische Regisseur brilliert nicht nur mit der eleganten Verflechtung dreier Erzählsphären (der Westen, der Osten und die Vergangenheit), er setzt auch viele komplexe Ideen bildlich um: Mal kräftig, bei den Gegensätzen zwischen kaltem Blau (USA, das Materielle) und angenehmen Rot (Asien, der Geist). Mal gelungener, bei der Metapher von Schale und Tee, die für die vergängliche Hülle und die unsterbliche Seele stehen.

Von Bertoluccis letztem, neunfachem Oscar-Erfolg "Der letzte Kaiser" arbeiteten einige große Namen auch bei "Little Buddha" mit: Kameramann Vittorio Storaro zauberte ein betörendes Bilderbuch in CinemaScope, während Ryuichi Sakamoto zeitweise mit Ethnopop im Hintergrund nervt. Keanu Reeves schlüpfte in seinem ersten Film mit Bertolucci derart überzeugend in die Rolle des Prinzen Siddharta, daß er von mir erst nach einigen Szenen 'entdeckt' wurde. Auch wenn Bertolucci angeblich schon vor über dreißig Jahren zum Thema Buddhismus gelangte, bedient "Little Buddha" vorzüglich eine anhaltende Suche nach neuen Werten. Die finanziellen und persönlichen Katastrophen im beruflichen Leben von Jesses Vater verdeutlichen das Scheitern kapitalistischer Orientierungen. Der Film verläßt sich aber nicht auf diese oberflächlichen Reize, sondern schafft mit einfühlsam ausbalancierten Mitteln eine nachhaltige Wirkung, ein ehrfürchtig stilles Staunen über eine angeblich beglückendere Art des Lebens.


Eine Kritik vonGünter H.Jekubzik

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