Liegen Lernen

BRD 2003 (Liegen Lernen) Regie und Buch Hendrik Handloegten mit Fabian Busch, Susanne Bormann, Birgit Minichmayr, Fritzi Haberlandt, Florian Lukas, Sophie Rois 94 Min. FSK ab 12

"... und dann läuft das ganze Leben an einem vorbei." Helmut (Fabian Busch) ist - oder liegt - gerade in solch einer Situation. Genauer liegt er in einer Pfütze und anlässlich der klassischen Kinderfrage seiner Freundin erzählt Helmut von seiner Jugend.

Die könnte ihn allerdings zum Einschlafen oder zum Selbstmord in der Pfütze bringen, denn Helmut ist ein fürchterlicher Opportunist, ein Mitläufer. Positiv gesagt: Ein schlagfertiger junger Mann, der immer ein zustimmendes Ja auf den Lippen hat (FR David: Words don't come easy). Gemäß seinem Motto: Sitzen bleiben und das Leben an sich vorbei gehen lassen, kommt bald mit der politisch wie sexuell aktiven Schulsprecherin Britta die Erste Große Liebe vorbei. Nach kuscheliger Kerzenromantik (Santana: Samba Pati) geht es mit dem bescheidenen Helmut und der abgeklärten Blonden, die ihm das Herz bricht (Baby you got nothing), auseinander. Es folgen die brave Gisela, die existenzialistische Barbara, die provokante Gloria. Dazwischen auch mal ein Jahr nur fernsehen, stillhalten, früh schlafen gegangen. Im Laufe der Jahre lernt Helmut gerade mal denn Unterschied zwischen Liebe machen und ficken. Generell weiß er nicht, was er will und studiert Geschichte. In letzter Instanz steht eine Entscheidung an, die in anfänglicher Pfütze endet.

Ein Leben wie viele andere, das uns Hendrik Handloegten nach dem gleichnamigen Roman "Liegen Lernen" von Frank Goosen präsentiert. Zur Zeitgefühl-Retro, die eine Hauptrolle spielt, gehört für die Siebziger und Achtziger unbedingt der Bundeswehr-Parka dazu, die Puch Maxi, das WG-Leben, selbst aufgenommene Cassetten auf der Klassenfahrt (Fischer Z: Berlin) und eine politisch aktive Jugend, die von der Politik verkohlt wurde (REM: Should we talk about the weather). Songs der Zeit müssen anklingen, um das kollektive Gedächtnis zu aktivieren. Wobei Helmut in der Provinz alles etwas später erlebt, sich die Moden und Melodien also überlagern. (Dass der daraus entstehende Einheitsbrei der Erinnerungen persönliche Färbungen für den kleinsten gemeinsamen Publikums-Nenner opfert, ist eine böse These.) Die Filmmusik von Dieter Schleip begleitet derweil mit einigen netten Gitarrenspielereien.

Hendrik Handloegten legte nach "Paul is dead" keine grandiose Inszenierung hin, aber ein solide Arbeit, bei der Story und Hauptdarsteller locker das Interesse halten. Der Revival-Faktor von Musik und Ausstattung funktioniert, die Dramaturgie geriet zeitweise ziellos. So wird "Liegen Lernen" wohl vor allem abhängig von Geburtsjahr zum Erlebnis oder nicht.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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