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Lichter aus dem Hintergrund

BRD 1998 (Lichter aus dem Hintergrund) Regie Helga Reidemeister, 96 Min.

Die technologisch gigantischen Bauarbeiten am Potsdamer Platz sind eine Seite in Berlin. So wie die Bagger tief im Wasser wühlen holt die Regisseurin Reidemeister ein anderes Bild der Stadt hervor.

Der Baggerfahrer wettert über polnische Arbeitskräfte und meint zum Vorzeigeprojekt: Hier ist nur Krieg, die Menschen haben die Liebe und Achtung voreinander verloren. Robert Paris, ein junger Fotograf, seine Lebenswege mit ungewöhnlichen Blickpunkten stehen im Zentrum des Films. Auch er meint: "Das ist nicht mehr meine Stadt, das interessiert nicht." Berlin würde eingenommen von allen möglichen Leuten, "außer denen, die hier hingehören." Dann Bilder aus Ostberlin, dazu Saxophonmusik einer Band von den Hackeschen Höfen. Etwas Fachsimpeln über die feinen Unterschiede zwischen Orwo- (Ost) und Agfa- (West) Fotopapier: "Mit Agfa wird es nicht richtig schwarz". Robert macht zwar exzellente Bilder, jobt aber auch zwischendurch in einer Kneipe.

Viele Interviews und sehr stimmungsvolle Bilder - teils in Schwarzweiß - bilden ein einfühlsames Porträt eines Menschen in einer Umbruchszeit, den Querschnitt durch ein entwurzeltes alternatives Leben in Berlin. "Man trifft sich seltener mit seinen Freunden, hechelt immer dem Geld hinterher, hat nie Zeit, das was man früher immer von den Westlern dachte." Auch Roberts Schwester Jenny und die Mutter - auch sie ist Fotografin und machte tolle Porträts einer wilden Generation - finden kein Glück in der neuen Zeit. Was die Menschen sagen, zeigen auch die Bilder. Ruhende und laufende Bilder übertreffen sich mit faszinierenden, starken Stimmungen: Menschen zwischen Baustellen, auf städtebaulichen Provisorien. Eine wortlose Fotoreise nach Indien.

Die Fotos von Robert Paris sind auch auf einer tourenden Ausstellung zu sehen.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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