Jacquot

Fr 1991 (Jacquot de Nantes) Regie und Buch Agnès Varda, 119 Minuten, O.F.

Dem französischen Regisseur Jacques Demy verdanken wir einige der kunstvollsten und gleichzeitig anrührendsten Werke der Filmgeschichte: "Die Regenschirme von Cherbourg" (1963), "Die Mädchen von Rochefort" (1967), "Das Fotomodell" (1968), "Lola, das Mädchen aus dem Hafen" (1960). Seit 1962 war er mit der Regisseurin Agnès Varda verheiratet. Sie hat kurz nach Demys Tod im Jahr 1990 seine Erinnerungen zu einem zärtlichen Episodenfilm zu Leben und Werk gemacht.

Es ist die Geschichte des kleinen Jungen Jacquot, der wohl behütet in der Familie und der Autowerkstatt des Vaters aufwächst. Der Drang zur Kunst zeigt sich wie bei Goethes Wilhelm Meister in frühen Puppeninszenierungen. Wenn immer wieder farbige Ausschnitte aus Demys Filmen das sehr realistische Leben in Schwarzweiß unterbrechen, dann verbinden sich Leben und Kunst auf umgänglichste. Bis zu den letzten Aufnahmen des nicht mehr von Schauspielern dargestellten Jacques Demy, bei der die Kamera die bärtige Haut des alten Mannes mit dem schamhaften, unvergleichlichen Lächeln streichelt, ist man diesem Menschen so nahe gekommen, dass der Abschied nicht ohne Tränen möglich ist. Gleichzeitig nimmt man Erinnerungen oder Vorfreude auf all die wunderbaren Filme Demy mit aus dem Kino. Und vielleicht auch Neugier auf ein noch andere Filme von Agnes Varda, etwa den Rückblick auf "Die Mädchen von Rochefort" 25 Jahre nach den Dreharbeiten.

Agnes Varda wurde in Belgien geboren und fotografierte, bevor sie 1954 vollkommen autodidaktisch ihren ersten Film realisierte. Seitdem drehte sie viele Kurzfilme und Dokumentationen nahe am Herzen einfacher Menschen. Mit "Vogelfrei" und Sandrine Bonnaire hatte sie 1985 einen internationalen Erfolg. Das wunderbare Filmerlebnis "Hundert und eine Nacht" (1994) versprüht in jedem Moment eine große Liebe zum Kino und wird sicher im Film-Olymp zusammen mit Truffauts "Eine amerikanische Nacht" sowie ihrem eigenen "Jacquot de Nantes" oft als "französische Nacht" gezeigt werden.

Das folgende Gedicht stammt aus ihrem Buch: "Varda von A bis Z"

"P comme Parapluies / Ils sont toujours de Cherbourg / comme / les bêtises toujours de Cambrai, / les demoiselles toujours de Rochefort, / l'encre toujours de Chine, / les saucisses souvent de Francfort, / les câlissons toujours d'Aix / et Jacquot toujours de Nantes."

("P wie Regenschirme / Sie sind immer aus Cherbourg / wie / die ,Bêtises' (eine Bonbon-Spezialität) immer aus Cambrai, / die Fräulein immer aus Rochefort, / die Tinte immer aus China, / die Würstchen oft aus Frankfurt, / die ,câlissons' (Marzipanschnitten) immer aus Aix / und Jacquot immer aus Nantes.")


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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