Herz

BRD 2002 (Herz) Regie: Horst Szcerba, ca. 100 Min.

Das Herz ist ein besonders kräftiger Muskel, weil er Einiges auszuhalten hat. Zum Beispiel all die Gefühle, die wir ihm zuschreiben. Wie belastbar "Herz" ist, zeigt dieser besondere Episodenfilm.

Die Freunde treffen sich regelmäßig zum Tauchen im Rhein. Sie erkennen nicht viel im dunklen, trüben Wasser, doch sie machen trotzdem weiter. Nach diesem Motto verläuft auch ihr Leben außerhalb des Wassers. Da gibt es die Psycho-Terror-Beziehung der verwöhnten Gisela (eine schmollende Laura Tonke) mit dem Polizist Georg. Sie leidet unter einem Trauma nach ihrer Abtreibung und ist von seinen "Leichenfingern" angeekelt. Als er sie "zur Arbeit" mitnimmt, einer blutigen Leiche mit Schraubenzieher im Ohr, ist es endgültig vorbei.

Beim Übersetzer Cem (Mehmet Kurtulus, "Kurz und Schmerzlos") bricht die Liebe gerade aus. Der inhaftierten Lale schickt er Liebesbriefe - im Namen ihres Freundes, den er gleichzeitig zu vertreiben sucht. Der immer lächelnde Vertreter Günter verliert seinen Job, während die Tochter zu Hause alleine ist und seine Frau mit Marcel vom Tauchshop (der nicht mehr junge Uwe Bohm) fremd geht. Beim Seitensprung ist der Ehemann per Babyphone live dabei. Ums Bett des verlassenen Georg sammeln sich nachts "seine" Leichen.

Unter guten Bilder, die sich nicht aufdrängen, wechselt die Geschichte von Horst Szcerba von Paar zu Paar, von Familie zu Familie. "Herz" wirkt dabei fast altmodisch, weil seine Figuren so alltäglich sind. Doch immer wieder blühen magische Momente auf, gibt es Flüge über die Stadt. Ergreifende Schicksale wie das junge Mädchen, das sich für Alkohol und Zigaretten der keifenden, blinden Mutter prostituiert, liegen gleich neben einem albernen Leberwert-Wettbewerb der Freunde. Und dann ist man irgendwann sehr froh, richtige Menschen zu sehen und nicht schon wieder eine überzogene Drehbuchausgeburt aus Hollywood.

Diese Menschen bewegen sich zwischen Himmel und Hölle, zwischen Geburt und Tod. "Der Sog der Hoffnung zieht uns hinab", besingt Gert Köster in seinem "Tanz der Perlentaucher" treffend die Stimmung. Derweil spült das Hochwasser des Rheins eine Leiche an, wen hat es diesmal erwischt? Am Schluss wird der gute Arzt Martin mit verzweifeltem Mut sagen: "Heut ist ein schöner Tag, heut ist kein Tag zum Sterben." Es klingt, als wenn er sich das mehrmals am Tag sagen müsste.


Eine Kritik von Günter H. Jekubzik

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